Neue OZ: Kommentar zu Industrie / Verbände

Das kleinere Übel

Hat die deutsche Wirtschaft einen Traumpartner in der Politik? Bei
der Wahl 2008 war das noch Schwarz-Gelb. Doch eine Kanzlerin der
Bosse ist Angela Merkel nicht geworden, obwohl sie in der Euro-Krise
unter dem Strich einen soliden Job gemacht hat. Dafür ist die
Enttäuschung über ihre Energie-Politik, geplatzte Steuersenkungen und
den koalitionären Dauerstreit zu groß. Und ob der glücklose
Wirtschaftsminister Philipp Rösler bei den Konzernlenkern ein hohes
Ansehen genießt? Man darf daran zweifeln.

So überrascht es nicht, dass der BDI Schwarz-Gelb ungewöhnlich
deutlich vor teuren Wahlgeschenken und einem Scheitern der
Energiewende warnt. Die steigenden Stromkosten durch die Öko-Steuer
veranlassen bereits jetzt energieintensive Unternehmen, Investitionen
im Ausland zu prüfen. Ein Ende des Preisanstiegs ist nicht in Sicht,
allen Versprechungen der Kanzlerin zum Trotz. Das kostet Jobs.

Trotzdem wird der Großteil der Industrie Merkel stützen. Schlicht
aus dem Kalkül, dass Schwarz-Gelb aus Sicht der Wirtschaft das
kleinere Übel darstellt. Mit einem Kanzler Peer Steinbrück könnten
die meisten Chefs zwar leben. Doch eine rot-grüne Regierung lässt
französische Verhältnisse befürchten: Steuererhöhungen,
wirtschaftliche Stagnation und einen strenger regulierten
Arbeitsmarkt. Merkel ist zumindest ein Garant dafür, dass Deutschland
nicht hinter die Reformen von Altkanzler Gerhard Schröder
zurückfällt.

Michael Clasen

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