Neue OZ: Kommentar zu Integration / Migration / Seehofer

Sarrazin–sche Strategie

Da gab es doch neulich schon einmal jemanden, der meinte, wer
anderer Meinung sei als er, der könne offenbar nicht lesen. Allein
schon, indem Horst Seehofer in seiner Verteidigung diese
Sarrazin–sche Strategie auch für sich wählt, begibt er sich in eine
Nähe, die er angeblich doch gar nicht will. „Angeblich“ deshalb, weil
der CSU-Vorsitzende sich zumindest zweideutig geäußert hat. „Keine
weitere Zuwanderung“ wolle er. Das steht nun einmal für sich, sofern
es nicht eingeordnet wird durch ein „als“: nicht mehr Migration als
nötig, als vorgesehen, als bisher, als durch die Freizügigkeit
innerhalb der EU ohnehin entsteht, als in einer transparenten
Regelung für Fachkräfte festgeschrieben werden soll.

Nichts davon hat Seehofer gesagt und damit, so viel Erfahrung hat
er als politischer Fuchs, zumindest in Kauf genommen, dass er
verstanden wird, wie er verstanden worden ist. Dass auch konservative
Hardliner wie Niedersachsens Innenminister Schünemann ihm
widersprechen, ist dafür Beleg genug. Womöglich hat Seehofer es sogar
beabsichtigt: Die Union muss sich etwas einfallen lassen, um den
rechten Flügel bei Laune zu halten. Die Berliner Spitze ist vielen
ohnehin zu liberal. In Bayern gab–s jüngst die umstrittene
Frauenquote für den Vorstand. Da mag es ein CSU-Chef schon mal drauf
anlegen, ein „Missverständnis“ zu provozieren.

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