Neue OZ: Kommentar zu Iran / Justiz

Täter auf dem Richterstuhl

Der Iran ist kein Gottesstaat, wie das Ajatollah-Regime in Teheran
proklamiert. Er ist ein Unrechtsstaat, in dem nicht selten der Täter
auf dem Richterstuhl sitzt – und das Opfer auf der Anklagebank. Das
Grauen des Tugendterrors wird im Fall einer zweifachen Mutter einmal
mehr in Gänze sichtbar: Sie wartet in ihrer Zelle auf die
Vollstreckung der Todesstrafe durch Steinigung, weil sie angeblich
eine Ehebrecherin ist.

Nicht nur die Anschuldigung ist lächerlich. Die auf einer geistig
armseligen Auslegung des islamischen Rechts basierende Rechtsnorm hat
im 21. Jahrhundert nichts mehr verloren. Steinigungen sind barbarisch
und in der zivilisierten Welt geächtet. Es sagt daher viel über das
Wesen des vermeintlichen Gottesstaates aus, dass das iranische
Strafgesetzbuch sogar die Größe der Steine vorschreibt.

So wenig die Hunderte von Regimegegnern in Teherans Gefängnissen
auf Gerechtigkeit hoffen können, wird sich auch die verurteilte
Mutter kaum aus den Fängen der Richter retten können. Das Regime
spricht in Teheran nach internationalen Protesten zwar von einer
möglichen Begnadigung. Doch das ist eine Farce. Denn die Ajatollahs
meinen damit in Wirklichkeit, die vermeintliche Ehebrecherin
vielleicht doch nicht steinigen zu wollen, sondern „nur“ aufzuhängen.
Dieses Unrechtsregime gehört geächtet.

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