Tourismus, der stinkt
Die Abfallberge in Italiens drittgrößter Stadt zeigen: Die drei
Jahre nach Neapels gewaltigster Müllkrise blieben ungenutzt. Das ist
ein Skandal. Da lenken auch die halbstarken Sprüche der Regierung
Berlusconi – der Verteidigungsminister will Soldaten schicken, der
Innenminister gegen Müllhalden-Blockierer hart vorgehen – nicht mehr
davon ab, wie macht- und wirkungslos der italienische Staat an einer
für seine Bürger so empfindlichen Stelle auftritt. Er hat sich selber
in diese Lage manövriert. Doktert seit 16 Jahren mit kraftloser
Ankündigungspolitik an Neapels Mega-Problem herum. Hat EU-Geld für 14
Verbrennungsanlagen kassiert, aber nur eine mit Ach und Krach in
Betrieb genommen. Will im Naturschutzgebiet am Vesuv eine zweite
Deponie öffnen (ausgerechnet!) und speist deren protestierende
Anwohner mit dreisten Lügen ab.
Die Effekte könnten negativer nicht sein. Die beginnen mit Dreck
und Gestank. Sie setzen sich fort mit irrwitzigen Kosten für den
Müllexport zunächst in die Nachbarregion Kalabrien – und demnächst
womöglich wieder nach Deutschland? Sie gipfeln darin, dass die Mafia
an diesem üblen Abfall-Tourismus verdient. Klar, was diese Effekte in
einer Region bewirken, in der das organisierte Verbrechen ohnehin
stark ist: Der Staat reduziert sich auf die Rolle des
Nebendarstellers, eines schlechten noch dazu.
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