Scheinheilige Kritik
Die Kritik an den Plänen der Bundesregierung zur
Sicherungsverwahrung ist scheinheilig. Ja, die schwarz-gelbe
Koalition hat sich eines juristischen Kunstgriffs bedient, um
gefährliche Straftäter möglichst weiterhin von der Bevölkerung
fernzuhalten. Ja, nicht alle Gefangenen, die nach einem Urteil des
Menschenrechtsgerichtshofs zu Unrecht in Sicherungsverwahrung sitzen,
lassen sich in die geplanten, neuartigen Therapie-Anstalten verlegen.
Der Weg dahin führt nur über eine psychische Störung, die viele der
Betroffenen nicht haben. Ja, die Pläne der Koalition sind teuer für
die Länder, weil sie in neue Gebäude und zusätzliche Fachleute
investieren müssen.
Aber nein, das alles rechtfertigt nicht den Krawall, der nun
geschlagen wird. Denn die Kritiker bleiben eine bessere Alternative
schuldig. In Wahrheit ist mehr als das, was die Koalition jetzt
plant, ohne Verstoß gegen das Grundgesetz und die europäischen
Menschenrechte nicht machbar. Es sind die seit 1998 immer wieder
verschärften strafrechtlichen Vorschriften zur Sicherungsverwahrung,
die der Bundesregierung jetzt in rund 80 Altfällen vor die Füße
fallen. Hier versucht die Koalition mit neuartigen Einrichtungen zu
retten, was juristisch noch zu retten ist. Auf lange Sicht weitaus
wichtiger ist aber, dass Schwarz-Gelb die Paragrafen zur
Sicherungsverwahrung zugleich wieder auf ein rechtsstaatlich
vertretbares Maß stutzen will. Das geht im Moment leider unter.
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