Handfeste Interessen
In einem haben die Kritiker sicherlich recht: Mit der geplanten
Änderung der Kommunalverfassung – zum Beispiel dem Verzicht auf
Stichwahlen und der Vergrößerung von Wahlbereichen – verfolgen die
Regierungsparteien Interessen. Die CDU sieht Stichwahlen wohl schon
deswegen kritisch, weil sie dabei – wie zuletzt in Lingen – oft ins
Hintertreffen gerät; die FDP wiederum spekuliert auf Profit von
größeren Kommunalwahlbereichen.
Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere: Auch die
Opposition verfolgt Interessen – und die sind je nach Couleur
ebenfalls verschieden. Die Forderung nach Beibehaltung von
Stichwahlen eint die Parteien noch; beim Zuschnitt von Wahlbereichen
sieht das aber schon anders aus: So stimmen etwa die Grünen
keineswegs in das Wehklagen der SPD über den Neuzuschnitt von
Wahlbereichen ein – weil dies außer der FDP auch andere kleinere
Parteien begünstigt.
Letztendlich handelt es sich bei diesen Themen aber nicht um
Fragen von existenzieller Bedeutung. Ob jemand mit relativer Mehrheit
im ersten Wahlgang oder nach einer Stichwahl der beiden
„Stimmkräftigsten“ zum Bürgermeister oder Landrat gekürt wird: Bei
Wahlbeteiligungen von 50 Prozent und darunter leidet die Legitimation
so oder so. Oberstes Ziel der Parteien muss es daher sein, wieder
einen Großteil der Bürger an die Wahlurne zu bringen – anstatt nach
jeweiligem Gusto den Rechtsrahmen zu ändern.
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