Neue OZ: Kommentar zu Konjunktur

Wachstum mit Schönheitsfehler

Dem Aufschwung nach den Krisenjahren 2008 und 2009 scheint die
Luft auszugehen – darauf deuten jüngste Wirtschaftsdaten hin.
Globalisierung verkürzt offenbar die Konjunkturzyklen. Das lässt
Firmenchefs in ihrer Personalplanung vorsichtiger werden und erklärt,
warum der Anteil von Teilzeit- und Minijobbern sowie befristet
beschäftigten Arbeitnehmern in Deutschland steigt.

Was nicht so recht dazu passen will, sind die anhaltenden Klagen
über einen Fachkräftemangel. Selbst die Unternehmerverbände in
Niedersachsen sehen das inzwischen so, wie ihr Hauptgeschäftsführer
Volker Müller indirekt einräumt, wenn er fordert, dass künftig mehr
Frauen und ältere Arbeitskräfte in Vollzeitstellen tätig sein
müssten.

Womöglich erklärt der Wirtschaftsvertreter aus Hannover dies auch
aus Sorge um den Aufholprozess Niedersachsens beim Wachstum. Denn der
relativ niedrige Anteil an unbefristeten Vollzeitstellen ist ein
Schönheitsfehler in der Bilanz des Landes, das sich als wichtige
deutsche Industrieregion betrachtet. Das sollte auch Politiker
beschäftigen. Am hohen Frauenanteil in prekären Jobs zeigt sich ein
überkommenes Rollenverständnis. Das allein reicht zur Erklärung der
niedersächsischen Spitzenquote aber nicht aus, denn konservativ
gedacht wird auch in Bayern, wo deutlich mehr Menschen sichere
Vollzeitjobs haben. Es muss also auch an der Wirtschaftskraft
Niedersachsens noch etwas zu steigern geben.

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