Deckung oben halten
Es hatte etwas von einem Boxkampf: in der roten Ecke Justin Lin,
Chefvolkswirt der Weltbank, in der blauen Ecke Philipp Rösler,
deutscher Wirtschaftsminister. Gestern prallten ihre Argumente im
Ring der internationalen Konjunktur-Debatte aufeinander. Der
chinesische Wirtschaftswissenschaftler warnte eindringlich vor einer
globalen Krise wie im Jahre 2008, der deutsche Politiker sprach von
robuster Wirtschaft und Deutschland als einem Stabilitätsanker. Lin
sieht die Industriestaaten in Rezessionsgefahr, selbst dann, wenn
Europa seine Schuldenkrise in den Griff bekommt. Rösler rechnet
damit, dass Deutschland einer Rezession entgeht und sein
Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 0,7 Prozent steigern kann.
Nach den drei Prozent des Vorjahres wäre das zwar ein tiefer Fall,
aber noch kein außergewöhnlich schlechter Wert, vier der vergangenen
zehn Jahre beendete Deutschland mit Wachstumsraten unter einem
Prozent.
Doch es wäre töricht, sich nun in festem Glauben an die Stärke der
deutschen Wirtschaft in Sicherheit zu wiegen. Europa tastet sich mit
seiner Gemeinschaftswährung und seiner Staatsschuldenkrise durch kaum
erforschtes Terrain. Das weiß auch Rösler, der seine Prognose unter
den Vorbehalt stellt, dass die Schuldenkrise nicht vollends außer
Kontrolle gerät. Wer jetzt, wie die SPD, nach höheren Löhnen ruft,
lässt außer Acht, was jeder Boxer verinnerlicht: Wenn du nicht weißt,
was kommt, halte zumindest die Deckung oben.
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