Neue OZ: Kommentar zu Parteien / Umfragen / Grüne

Ab durch die Mitte

Zu dem, der in der Sonne steht, laufen alle hin. So ist das
momentan bei den Grünen, den neuen Wählerfängern. Und vor dem
Hintergrund des aufgeheizten Streits um die
AKW-Laufzeitverlängerungen ist das mit der Sonne, die traditionell
von kernkraftgegnerischen Plakaten lacht, sogar ein bisschen wörtlich
zu nehmen.

Dass die Grünen derzeit wahre Höhenflüge unternehmen können, liegt
aber nicht allein am Parteiprofil. Zwar haben die vormals als Haufen
von Müsli-Liebhabern Belächelten ihr Image deutlich in Richtung
patent-moderne Anzugträger-Fraktion verändert. Umweltpolitik ist
längst nicht mehr ihr allein selig machendes Thema, sondern sie sind
in Fragen der Bildung, des Sozialen, des Wirtschaftlichen etabliert.
Dass sie jetzt aber in der breiten Wählerschaft derart abräumen
können, haben sie in erster Linie ihren politischen Gegnern zu
verdanken.

Da gibt es das Schreckgespenst von jahrzehntelang weiterlaufenden
Atommeilern, da gibt es die schauerliche Vorstellung vom
Milliardengrab Stuttgart 21 – beides Themen, für die deutlich
Schwarz-Gelb steht und gegen die viele Menschen ein tiefes Misstrauen
hegen. Hier schlägt die Stunde der Grünen, die kühn gegen die
ungeliebten Projekte kämpfen. Für das grüne Profil ist der bequem
erreichte Heldenstatus von Vorteil. Für Dauererfolg reicht er aber
nicht. Die Grünen sollten die Chance nutzen, sich in der politischen
Mitte einzurichten. Platz wäre vorhanden.

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