Neue OZ: Kommentar zu Polizei / Kabinett

Zu viel versprochen

Die Bundesregierung tritt der zunehmenden Gewalt gegen Polizisten
entschlossen entgegen: Diese Botschaft wollen Union und FDP im heißen
Protest-Herbst 2010 an die Polizei senden. Mit der Realität hat das
nichts zu tun. Die leicht erhöhten Strafen bei Widerstand gegen
Polizisten ändern für die Beamten auf Deutschlands Straßen wenig. Bei
direkten Attacken durch Steinewerfer, Schläger oder Bewaffnete
greifen wie bisher die Vorschriften zur Körperverletzung mit ihren
höheren Strafrahmen.

Der geänderte Widerstands-Paragraf kommt vorrangig zum Zuge, wenn
Polizisten bedroht, genötigt oder im Einsatz behindert werden.
Allerdings dürfte es Querulanten oder Randalierer kaum abschrecken,
dass ihnen künftig im schlimmsten Fall drei statt zwei Jahre Haft
drohen. Wenn schärfere Strafen greifen sollen, dann wäre die
Mindeststrafe heraufzusetzen.

Denn für die Täter macht es einen großen Unterschied, ob sie mit
einer Geldstrafe davonkommen oder ihnen sofort drei Monate
Freiheitsstrafe drohen – eine Sanktion, die im Führungszeugnis
auftauchen würde und schmerzlich wäre. Dass die Mindeststrafe für
Attacken gegen Polizisten damit höher läge als für Übergriffe auf
normale Bürger, stünde dem nicht entgegen. Schließlich werden
Staatsdiener auch härter als Normalverbraucher bestraft, wenn sie
selbst zuschlagen.

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