Chaos in Stammheim
Dass Verena Becker 1977 absolut gewaltbereit war, ist
unbestritten. Sie war blutjung und voller Hass auf „die BRD“, den
Kapitalismus und den aus RAF-Sicht imperialistischen Führungsanspruch
westlicher Staaten. Sie nannte den Staat, in dem sie lebte, ein
„Schweinesystem“, regte an, Autos in die Luft zu jagen, um auf die
Sache der RAF aufmerksam zu machen. Sie beteiligte sich an
Sprengstoffanschlägen und schoss auf Polizisten.
Dass die heute 58-Jährige aber vor 33 Jahren den damaligen
Bundesanwalt Siegfried Buback und seine beiden Begleiter erschoss,
wird das Stuttgarter Oberlandesgericht ihr nicht nachweisen können.
Auch wenn Bubacks Sohn Michael als Nebenkläger auf einem solchen
Mordvorwurf besteht und mutmaßt, der Sicherheitsapparat habe Becker
jahrzehntelang gedeckt – selbst die Bundesanwaltschaft sieht in
Becker nicht die Schützin von damals.
Becker hat 1977 wegen anderer Verbrechen bereits „lebenslänglich“
bekommen – ihren Anteil am Buback-Mord sparte die Bundesanwaltschaft
aber erklärtermaßen aus. Er falle angesichts der anderen Taten nicht
ins Gewicht, hieß es – nebulös war das schon. Ein bisschen wirkt der
neue Prozess deshalb wie der Versuch, nachträglich Ordnung in das
mörderische RAF-Chaos zu bringen. Becker selbst wird auch nach 33
Jahren nichts zum Gelingen beitragen.
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