Neue OZ: Kommentar zu Straßenbau

Ein teurer Fehler

Die Grenze zur ehemaligen DDR ist dort, wo die Straßen besser
werden. Es klingt wie ein Witz, ist aber Wirklichkeit. Wer heute auf
vielen Straßen entlang der niedersächsischen Landesgrenze in Richtung
Thüringen unterwegs ist, bemerkt den Unterschied. Die Infrastruktur
des Ostens ist deutlich besser als die des Westens. Die
Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ waren zwar notwendig, um dem
Aufbau der maroden ostdeutschen Wirtschaft eine Chance zu geben. Aber
die Realität bleibt weit hinter den Erwartungen zurück.

Von blühenden Landschaften, wie sie Helmut Kohl versprochen hatte,
kann in den meisten ostdeutschen Regionen keine Rede sein. Die
Wirtschaft in den neuen Bundesländern liegt trotz der
Milliarden-Spritze in Straßen und Schienen auch nach 20 Jahren weit
hinter dem Westen zurück. Schlimmer: Die gut ausgebauten Autobahnen
im ehemaligen Zonenrandgebiet werden besonders von ostdeutschen
Pendlern in Richtung Westen genutzt, weil sie zu Hause keine Arbeit
finden. Während täglich Tausende im Ruhrgebiet auf kaputten Straßen
im Stau stehen, sind die Fahrer auf der A 20 Richtung Rostock oft
kilometerlang allein unterwegs.

Es war ein Fehler, Investitionen für den Straßenbau ausschließlich
an der Himmelsrichtung festzumachen. Infrastrukturplanung muss wieder
viel stärker dem Bedarf folgen. Wenn die Politik dazu den Mut hätte,
wäre das ein wertvoller Beitrag gegen Steuergeldverschwendung – und
gegen das Ost-West-Denken.

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