Neue OZ: Kommentar zu Unglücke / Loveparade / Stadtrat

Der nächste Tiefpunkt

Die Jagd nach Sündenböcken für die Loveparade-Tragödie wird immer
hässlicher. Das unrühmliche Schauspiel im Duisburger Stadtrat um die
gescheiterte Abwahl von Oberbürgermeister Sauerland war der nächste
Tiefpunkt. Es ist zu befürchten, dass es nicht der letzte bleibt. Zu
groß scheint die Verlockung, aus der Katastrophe politischen Profit
zu ziehen; zu günstig die Gelegenheit, das diskreditierte
Stadtoberhaupt der CDU loszuwerden. SPD, FDP und Linke wollten mit
Biegen und Brechen seine Abwahl durchsetzen, obwohl die angesichts
der Mehrheiten im Stadtrat mehr als unwahrscheinlich war. Ein
schneller Rückzug Sauerlands hätte allerdings wenig geändert. Er
nähme den Angehörigen der Opfer von Duisburg weder ihren Schmerz,
noch trüge er zur juristischen Aufarbeitung der Tragödie bei. Im
Ergebnis hinterlässt die Abwahl-Posse nur Verlierer. Für die
Menschen, die im Gedränge der Loveparade um ihr Leben fürchteten oder
darin für immer Angehörige und Freunde verloren, war es der nächste
Tiefschlag. Und auch die Stadt und ihre Bürger leiden unter dem
politischen Gezerre. Denn das schlechte Image des krisengeschüttelten
Duisburg wird durch die fragwürdige Aufarbeitung der Loveparade für
sehr lange Zeit gefestigt. Soll weiterer Schaden vermieden werden,
gilt es jetzt die unabhängige Prüfung durch die Staatsanwaltschaft
abzuwarten. Kommt es am Ende der Ermittlungen zu einem Prozess, ist
der Gerichtssaal der richtige Ort der Auseinandersetzung.

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