Neue OZ: Kommentar zu Unternehmen / ThyssenKrupp

Befreiungsschlag

Wo hat man so etwas je gesehen: Ein Konzern von Weltrang feuert
den halben Vorstand. Es ist ein schmerzhafter Vorgang für
ThyssenKrupp. Aber er ist auch erforderlich, um den schwer
angeschlagenen Stahlriesen zu sanieren. Er hat Milliardenbeträge in
Süd- und Nordamerika versenkt. Zwar ist es leicht, hinterher alles
besser zu wissen. Aber ein Debakel dieses Ausmaßes hätte nicht sein
müssen, wenn der geschasste Vorstand Edwin Eichler rechtzeitig
gewarnt hätte. Er musste daher zu Recht gehen.

Zur geschäftlichen Krise tritt die moralische. Die entlassenen
Manager Jürgen Claassen und Olaf Berlien haben möglicherweise sogar
Gesetze gebrochen. Erwiesen ist zwar nichts. Aber angesichts der
Probleme bei ThyssenKrupp musste Konzernchef Heinrich Hiesinger einen
Befreiungsschlag versuchen: Dass er neben Eichler auch Claassen und
Berlien entlässt, zeigt, dass er einen echten Neustart will.

Ob der allerdings glückt, ist längst nicht sicher. Es heißt,
ThyssenKrupp müsse noch weitere Milliarden wegen des Amerika-Debakels
abschreiben, wichtiges Geld, das dem Unternehmen fehlt, um
zukunftsträchtige Geschäftsfelder wie den Anlagen- oder
Spezialmaschinenbau fortzuentwickeln. Das Stahlgeschäft alleine ist
nicht mehr ertragreich genug, Niedriglohnländer wie Indien oder China
drücken die Preise. ThyssenKrupp stehen schwere Jahre bevor. Aber
jeder Aufstieg beginnt mit dem ersten Schritt.

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