Neue OZ: Kommentar zu Urteile / Soziales / Elternunterhalt / BGH

Privat vor Staat

Privat geht vor Staat – diese Reihenfolge muss auch und gerade in
Unterhaltsfragen gelten. Deshalb ist es richtig, dass der
Bundesgerichtshof den Grundsatz der familiären Solidarität nun
abermals verteidigt hat. Zu Recht legt das Gericht die Messlatte sehr
hoch, wenn Lasten des Unterhalts auf den Steuerzahler abgewälzt
werden sollen. Ob das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern nun gut
oder schlecht ist: Sie haben grundsätzlich füreinander einzustehen,
sobald eine Seite bedürftig wird und die andere zahlen kann. Es ist
ein gesellschaftlich bedenklicher Trend, dass diese Einsicht
schwindet und zunehmend die Gerichte einschreiten müssen.

Was freilich nicht bedeutet, dass jeder Widerstand gegen eine
Unterhaltspflicht verwerflich wäre. Natürlich gibt es Fälle, in denen
es Kindern nicht zumutbar ist, für die eigenen Eltern aufzukommen.
Wer in seiner Kindheit und Jugend grob vernachlässigt, immer wieder
geschlagen oder gar missbraucht wurde, der muss seine Peiniger als
Erwachsener mit guten Gründen nicht unterstützen. Ein derart krasses,
vorsätzliches Fehlverhalten schließt jeden Anspruch auf Hilfe aus. Wo
Eltern aber aufgrund einer schweren Krankheit nicht zu hinreichender
Fürsorge in der Lage waren, liegt der Fall anders. Hier bleiben die
Kinder zur Solidarität verpflichtet – nicht nur rechtlich, sondern
auch moralisch. So schwer die Hilfe mit Blick auf eine traurige
Vergangenheit auch fallen mag.

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