Neue OZ: Kommentar zu Urteile / Steuern / Solidaritätszuschlag

Richterlicher Seitenhieb

Überraschend kommt der Karlsruher Beschluss zum
Solidaritätszuschlag nicht. Wundern kann man sich allenfalls, dass
sich die Richter derart lange mit dem „Soli“ befassen, um zu dem
Schluss zu gelangen, sich lieber doch nicht damit befassen zu wollen.
Dennoch bedeutet auch dies eine Entscheidung: Alles bleibt, wie es
ist. Der „Soli“ ist damit legitimiert. Die Zurückweisung der vor
allem in Niedersachsen geschürten Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit
bedeutet darüber hinaus einen Freibrief, auch andere Zusatzsteuern
dauerhaft einzuführen.

Merkwürdig bleibt es dennoch. Es fragt sich ja, wieso eine solche
Abgabe nicht als regulärer Teil des Steuersatzes eingezogen wird,
zumal der „Soli“ nicht einmal zweckgebunden ist. Hübsch aber ist der
Seitenhieb der Richter, wenn sie bilanzieren, die Steuerermäßigungen
der Vergangenheit hätten unterm Strich zu höheren Einnahmen geführt,
da an anderer Stelle Belastungen hinzukamen. Der „Soli“ füge sich in
diese Lage ein und habe auch deshalb nicht abgeschafft werden müssen.
Die Steuersenkungsrhetorik der Parteien hat damit einen
höchstrichterlichen Kratzer bekommen.

Aus dem Ärger um den Zuschlag hat die Politik hoffentlich auch
ohne Urteil gelernt. Die Abgabe riecht nach Willkür, nach Abzocke.
Sie schürt Frust und Ressentiments und schadet der Akzeptanz des
Steuersystems insgesamt. Auch wenn sie erlaubt bleibt, ist sie
verkehrt und gehört im Rahmen einer ohnehin fälligen Steuerreform
abgeschafft.

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