Streng geheim
Der Kalte Krieg ist längst noch nicht völlig vorbei. Noch immer
bespitzeln sich Moskau und Washington mithilfe eines ausgedehnten
Agentennetzes. Das zeigt auch der jüngste Fall aus den USA. Es ist
nicht wahrscheinlich, dass die beiden Supermächte ihren
Spionage-Apparat verkleinert haben. Im Gegenteil: Die Agenten
bedienen sich sogar noch raffinierterer Formen der
Nachrichtenübermittlung.
Aber eines hat sich grundlegend geändert: Vor dem Fall des
Eisernen Vorhangs diente jeder enttarnte Spion der Gegenseite als
Beweis für die feindlichen Absichten des Gegners. Fast jeder
Enttarnung folgte ein Schauprozess und war der politischen Klasse
willkommener Anlass, die vermeintliche Überlegenheit des eigenen
Systems zu propagieren.
Heute dagegen ist der Kommunismus besiegt. USA und Russland müssen
in einer grenzenlosen Weltwirtschaft und bei der Bekämpfung des
internationalen Terrorismus viel enger zusammenarbeiten als noch vor
20 Jahren. Beide Staaten vermeiden daher jedes öffentliche Aufsehen
im Agentengeschäft, das das Miteinander auf offizieller Ebene stören
könnte. In der Amtszeit des amerikanischen Präsidenten Richard Nixon
Mitte der 70er-Jahre wäre beispielsweise die Abschiebung von einem
Dutzend enttarnter Ost-Spione ohne Bestrafung undenkbar gewesen. Die
Spionage hat ihre Bedeutung als Nachrichtenbeschaffer weder für
Moskau noch für Washington verloren. Aber sie passiert viel
geräuschloser als früher.
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