Scheitern programmiert
Die erste Hürde ist genommen, mehr nicht: Die Stuttgarter
Streithähne setzen sich an einen Tisch. Dass sie dort einen Konsens
über das Bahnhofsprojekt finden werden, ist nicht zu erwarten. Wenn
Bahn und Landesregierung bei den Gesprächen tatsächlich alle Karten
offenlegen, wie es Schlichter Heiner Geißler fest versprochen hat,
dürfte das die Gegner von Stuttgart 21 kaum besänftigen. Denn dann
würde schnell klar, dass die Verantwortlichen die Öffentlichkeit
bisher hinters Licht geführt haben. Anstatt den Kostenanstieg und
seine Ursachen klar zu benennen, schönten die Planer offensichtlich
ihre Kalkulation, um die Kosten so zu drücken.
Diese Tricksereien fallen der Landesregierung nun vor die Füße.
Ein Scheitern der Gespräche wird den Protesten Aufwind verleihen.
Auch die Hintertür eines Volksentscheides, der die Lage befrieden
könnte, ist nach Ansicht von Verfassungsjuristen verschlossen. So
wird dem heißen Herbst in Baden-Württemberg ein noch heißerer
Landtagswahlkampf folgen.
Die CDU droht in ihrem Stammland zum ersten Mal seit fünf
Jahrzehnten die Macht zu verlieren – auch weil die Grünen die Wut der
Bürger geschickt nutzen. Sie pflegen ihren Ruf als moderne
Umweltpartei, bleiben auf anderen Politikfeldern aber bewusst vage.
Damit erscheinen sie vielen Wählern als attraktive Alternative zur
schlingernden schwarz-gelben Regierungstruppe – nicht nur in
Baden-Württemberg.
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