Neue OZ: Kommentar zu Westerwelle / Serbien / Kosovo

Die Frösche gefragt

Wer den Sumpf trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen,
heißt es. Außenminister Guido Westerwelle aber spricht auf seiner
Balkan-Tour im übertragenen Sinne vor allem mit den Fröschen.

Mit Serbiens Außenminister Vuk Jeremic zum Beispiel: Der stellt
die Rückgewinnung des seit 2008 unabhängigen Kosovos weit über den
Ehrgeiz seines Landes, EU-Staat zu werden. Er gehört einer Regierung
an, in der Vertraute des früheren Kriegstreibers und Präsidenten
Slobodan Milosevic Ministerämter bekleiden. Die wiederum führen einen
Staatsapparat, der sich stellenweise mit der organisierten
Kriminalität überlappt. Welche Wirkung Westerwelles wohlmeinende
Mahnung zur Mäßigung in Serbien – wie auch in Bosnien und im Kosovo –
entfalten wird, ist absehbar.

Wofür der Minister allerdings nichts kann. Vielmehr ist die EU 15
Jahre nach Ende des Bosnien-Krieges mangels Geschlossenheit, Zielen
und Perspektiven immer noch nicht in der Lage, die ganze Region für
Zusammenarbeit und Rechtsstaatlichkeit zu gewinnen. Ja, inzwischen
muss sie sogar aufpassen, dass sie die Initiative auf dem Balkan
nicht wieder verliert. Und damit die Früchte all ihrer finanziellen,
militärischen und politischen Anstrengungen dort seit 1995. Die Art,
wie Westerwelles Worte verhallen, zeigt doch, wie nah diese Gefahr
schon ist.

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