Wenn der Kunde lästig ist
Ein Bahnreisender in Deutschland kann richtig Glück haben. Dann
fährt er etwa an einem Tag von Dortmund nach München und zurück,
startet pünktlich, kommt auf die Minute am Zielbahnhof an und genießt
den Komfort eines ICE. Derselbe Fahrgast kann am nächsten Tag
verdammt viel Pech haben. In dem Fall rollt sein Zug mit üppiger
Verspätung an, fällt die Klimaanlage aus, und kalte Getränke
existieren nur in der Vorstellung. Kurz: Eine Zugreise mit der
Deutschen Bahn gleicht einem Vabanquespiel. Bei Weitem nicht nur das
zurückliegende Wochenende verdeutlicht, was die Kunden für den
Verkehrskonzern sind: lästig. Egal ob es um Fahrkartenkauf,
Informationen am Gleis oder Unterstützung an Bord geht – die Bahn
präsentiert sich zu oft als Service-Wüste.
Dem Quasi-Monopolisten auf der Schiene ist nichts inniger zu
wünschen als härtester Wettbewerb und tiefste Demut vor den vielen
Passagieren. Hellwache Konkurrenz würde die Bahn dazu zwingen,
permanent und mit voller Konzentration sicherheitstechnische Abläufe
zu kontrollieren und Dienstleistungen in jedem Waggon, in jedem
Abteil zu gewährleisten. Das Unternehmen könnte es sich nicht mehr
erlauben, mit defekten Türen, Achsen oder Lüftungssystemen durch die
Gegend zu fahren und so die Gesundheit der auf dieses Gefährt
angewiesenen Menschen zu gefährden. Wenn dann noch die Tickets nicht
überteuert wären, wäre die Bahn ein ordentlicher Verkehrsanbieter.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: 0541/310 207