Neue OZ: Kommentar zur Rede des Bundespräsidenten

Überzeugender Auftritt

Der Bundespräsident hat eine gute Rede gehalten. Sie war
ausgewogen und versöhnlich. Und sie enthielt Akzente, die
bemerkenswert waren. Dass sich nicht nur einige Ausländer, sondern
auch Teile der Eliten in Parallelwelten verabschieden, war
beispielsweise eine hübsche Querverbindung. Auch dass der Stand in
Sachen Integration weit besser als sein Ruf ist, durfte einmal gesagt
werden. Und dass der Islam zum Land gehört und die Zukunft denen, die
offen sind für Vielfalt. Beachtlich auch, dass Wulff die Nation mit
bescheidenem Unterton auf schwindenden Einfluss einstimmte: Andere
Länder wie Indien und Brasilien würden künftig den „ihnen
zustehenden“ Platz einnehmen.

Wenn es ein Problem gab für Wulff, dann jenes: Viele hatten keine
gute, sondern eine herausragende Rede erwartet. Eine, die
rechtfertigt, warum Horst Köhler dem Amt nicht gewachsen war und
Joachim Gauck es nicht erhalten hat. Wulff wollte, ja, musste
versuchen, den Parteigeruch abzustreifen. Dies ist ihm nur zum Teil
gelungen. Aus seiner Haut kann eben keiner. Zu verstecken aber
braucht er sich nach seinem Bremer Auftritt keineswegs. Der sollte
Schlussstrich sein unter den Mäkeleien an Amtsantritt und Startphase.
Zumindest das hat Wulff mit seiner Rede verdient, in der er gelungen
den Bogen schlug von der staatlichen Einheit vor 20 Jahren zur
gesellschaftlichen Einheit von heute, die nicht nur West und Ost,
sondern auch Arm und Reich sowie Menschen verschiedener Herkunft
umfassen muss.

Dem Präsidentenamt hat Wulff so ein Stück Würde zurückgegeben. Sie
sich selbst zu verdienen bleibt dauerhafte Aufgabe.

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