Neue OZ: Neue OZ – Gespräch mit Lüder Gerken, Vorsitzender der Stiftung Ordnungspolitik und des Centrums für Europäische Politik

Ökonom Gerken kritisiert Änderungen beim
Bruttoinlandsprodukt

„BIP wird zu einem noch fragwürdigeren Maß“ – „Nur die maroden
EU-Staaten frohlocken“

Osnabrück.- Der Freiburger Ökonom Lüder Gerken hat die zum 1.
September geplanten Änderungen beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) scharf
kritisiert. „Nur die maroden Euro-Staaten frohlocken, denn es senkt
ihre Staatsschuldenquote“, sagte Gerken in einem Gespräch mit der
„Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwoch). Die neuen Messungen öffneten
der Willkür Tür und Tor. Die EU führt vom kommenden Monat an neue
einheitliche Standards zur besseren Vergleichbarkeit ein. Dann
fließen in die BIP-Zahlen auch Forschungsausgaben und der Waffenkauf
als Investitionen ein. Zudem berücksichtigen die Statistiker
Drogenhandel, Zigarettenschmuggel und Prostitution als Schätzung.
„Das BIP wird zu einem noch fragwürdigeren Maß“, kritisierte Gerken,
der Vorsitzender der Stiftung Ordnungspolitik und des Centrums für
Europäische Politik ist. Niemandem sei die Höhe der Einnahmen aus
Drogenhandel, Prostitution und Zigarettenschmuggel bekannt. Dennoch
würden die Statistiker diese Ausgaben in der EU zu 2,4 des BIP
summieren. Schon das heutige BIP-Konzept sei hoch problematisch:
„Sogar die Explosion eines Atomkraftwerks wirkt sich segensreich für
das Wirtschaftswachstum aus“, sagte Gerken. Die Notfall- und
Rettungsmaßnahmen, die Reparatur- und Entseuchungskosten, die
Behandlung und lebenslange Pflege verstrahlter Menschen würde das BIP
steigern und einen kräftigen Wachstumsschub bringen. Andere
wohlstandssteigernde Entwicklungen würden dagegen im BIP nicht
erfasst, kritisierte der Ökonom. „Wenn etwa ein Autohersteller ein
neues Modell mit besserer Ausstattung auf den Markt bringt, ohne den
Preis zu erhöhen, steigt unser Wohlstand, aber nicht das BIP“, sagte
Gerken.

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