Neue Westfälische (Bielefeld): Affäre um Christian Wulff Schwarzgelbe Existenzgefahr ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Bundespräsident Christian Wulffs
Glaubwürdigkeitskrise entpuppt sich zum Dauerbrenner. Die
Bundeskanzlerin rechnet aber nicht mehr mit einem Rücktritt von Wulff
– diesen Schritt sehnt sie auch nicht herbei. Es mag zwar der Fall
sein, dass Merkel die Nähe von Wulff zu reichen Gönnern insgeheim
missbilligt. Dass sich die Kanzlerin zur Finanzierung eines
Eigenheims 500.000 Euro von einem Unternehmer leiht anstatt zur Bank
zu gehen, wäre nicht einmal im Traum denkbar. Doch bürgerliche
Maßstäbe rücken in den Hintergrund, wenn die Frage einer neuerlichen
Kandidatensuche noch größere Probleme aufwirft als bei der
schwierigen Präsidentenkür 2010. Eine Bundespräsidentenwahl könnte
nun für Schwarz-Gelb das vorzeitige Aus bedeuten. Denn die
Regierungskoalition geht stark geschwächt in das neue Jahr: Die FDP
plagt zurecht starke Existenzangst. Merkel dürfte aber im Ernstfall
auf ihren siechen Koalitionspartner genauso wenig Rücksicht nehmen
wie die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer
am Dreikönigstag, als sie die Liberalen kurzerhand aus der
gemeinsamen Koalition warf. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in der
Bundesversammlung wäre Merkel auf ein Wohlwollen der Opposition
angewiesen. Ein Kandidat, der auch der SPD oder den Grünen zusagt,
dürfte aber die FDP zutiefst erschüttern. Nur bei Joachim Gauck hätte
die CDU-Chefin sowohl Rotgrün als auch Teile der FDP mit im Boot.
Doch dieser Vorschlag wäre für Merkel eine persönliche Demütigung –
schließlich hat sie Gauck schon einmal einen Korb gegeben. Eine
zweite Bundespräsidentenwahl brächte Schwarz-Gelb in Existenzgefahr.
Von daher hofft Angela Merkel inständig auf ein rasches Abklingen der
Affäre. Doch noch darf niemand sicher sein, dass nichts Neues mehr
ans Licht kommt.

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