Bundesverteidigungsministerin Ursula von der
Leyen hat die Reißleine gezogen. Das Sturmgewehr G 36 in der
aktuellen Bauart soll keine Zukunft in der Bundeswehr mehr haben. Das
ist gut so, denn ein neues Gutachten im Auftrag des Ministeriums
kommt zu dem ernüchternden Ergebnis, dass die Trefferquote des
Gewehrs sinkt, wenn es draußen heiß ist oder die Waffe heiß
geschossen worden ist – und zwar teils auf nur noch sieben Prozent.
Gerade für Einsatzgebiete wie Afghanistan oder Mali ist das G 36
überaus problematisch. Dass die Ministerin jetzt handelt, klingt
mutig und zukunftsweisend. Das entspricht ihrem Selbstbild: Sie sieht
sich als Reformerin, die mit undurchsichtigen Strukturen aufräumt,
den Vorhang lüftet und Transparenz durchsetzt. Doch so einfach ist es
nicht. Denn das neue Gutachten bestätigt lediglich, was schon in
etlichen anderen Mängelberichten über das G 36 zu lesen war – zum
Beispiel in einem Bericht des Bundesrechnungshofs vom November 2013.
Aber noch im Mai 2014 wurden Tausende neue G-36-Gewehre angeschafft,
und da war von der Leyen schon Verteidigungsministerin. Sie hat sich
genauso verhalten wir ihr Vorgänger Thomas de Maizière, der 2013 noch
einmal 30.000 G 36 bestellen ließ, obwohl er ein paar Tage zuvor den
Rechnungshofbericht zur Kenntnis genommen hatte. Auch 2012 gab es
schon Mängelberichte und Beschwerden von Soldaten im Einsatz. Warum
die verantwortlichen Minister den Beschwichtigungen des Herstellers
Heckler & Koch offensichtlich mehr Glauben schenkten als all den
Kritikern, ist die wirklich spannende Frage. Noch haben Grüne und
Linke nicht geklärt, ob sie in dieser Angelegenheit einen
parlamentarischen Untersuchungsausschuss anstreben. Dabei könnte man
mit einer genaueren Untersuchung herausfinden, woran das
Beschaffungswesen grundsätzlich krankt. Vielleicht auch an einer
Kumpanei mit bestimmten Rüstungsproduzenten?
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de