Der Gast hier in Südafrika staunt. Über ein
deutsches Team, das es weiter gebracht hat als nur ins WM-Halbfinale.
Das mehr geleistet hat als so genannten schönen Fußball zu spielen.
Das mehr geschafft hat als 13 Tore zu schießen in sechs Spielen. Es
hat Sympathien in die Welt getragen. Mindestens so viele wie 2006.
Offensichtlich ist die Zuwendung der Menschen 9.000 Kilometer südlich
der Heimat. Über patriotische, politische und religiöse Grenzen
hinweg. Die Hindus in Durban, der Stadt mit der zweitgrößten
indischen Gemeinde der Welt, bewundern und feiern die deutsche
Mannschaft, bemalen ihre Gesichter schwarz-rot-gold. Die – wenigen –
Muslime kennen nun Müller, Podolski und den unaussprechlichen
Schweinsteiger. Und haben vier Wochen lang deutsche Fahnen
geschwenkt. Die alten, sportlichen Rivalen sind vom Glauben
abgefallen. Engländer, Argentinier, Franzosen, selbst Niederländer
sprechen von der deutschen Mannschaft mit Hochachtung. Die durch das
Aus gegen Spanien nicht geschmälert wurde. Weil die Hochachtung nicht
nur der sportlichen Leistung gilt. Vielmehr der Jugend, dem Mut, der
Kreativität und besonders der integrativen Kraft, die Joachim Löw
entfesselt hat. Seine Sympathiewerte liegen im Bereich der
Einschaltquoten in der Heimat. Mehr als 90 Prozent. Dabei hat er seit
langem schon alle Grenzen gesprengt, den menschlichen Respekt
voreinander vorgelebt. Nur hatte es bisher in der Welt kaum jemand
wahrgenommen. Erst jetzt stolpert die Welt über Namen wie Khedira,
Özil, Gomez, Boateng, Trochowski – und Dennis Aogo hat noch nicht
gespielt. Sie alle müssen die Nationalhymne unter Löw nicht
mitsingen. Er respektiert die Wurzeln, die Meinung, das Gefühl der
Spieler. Er hat seit acht Wochen tägliche Integrationsgipfel
abgehalten. Ihre Identifikation mit Deutschland, das neue
Deutschland, an dem sie mitbauen, zeigen die Spieler auf dem
Fußballplatz. Als Team ohne Stars. Auch wenn der unaussprechliche
Schweinsteiger besondere Bewunderung genießt: Dort ist etwas
unterwegs, das Gemeinschaft heißt. Sportlich zeigt sich das an der
Zahl der gelaufenen Kilometer, den gewonnen Zweikämpfen. Abseits des
Platzes an der Bescheidenheit, die nur beim Formulieren des
gemeinsamen, inzwischen verfehlten sportlichen Zieles weicht. Auch
vor dem Spiel um Platz drei gegen Uruguay. Bundeskanzlerin Angela
Merkel hat den Schwung der Mannschaft und die Begeisterung in
Deutschland für ihre Zwecke zu nutzen versucht. Es blieb beim
Versuch. Denn jeder konnte sehen, dass in der und um die Mannschaft
kein Platz für Trittbrettfahrer ist. Sie würde Größe beweisen, käme
sie auch an diesem Samstag zum Team. Sie würde den Spielern ihren
Respekt erweisen. In Deutschland soll es sehr heiß sein, träge war
und ist die Republik deswegen nicht. Dem sportlichen Sommer folgt der
meteorologische. Bald geht es für viele von uns in den Urlaub. Nehmen
wir unser Gefühl, unsere Freude und unseren Respekt mit ins Ausland.
Es wird funktionieren. Inzwischen überall auf der Welt. Selbst wenn
Sie Schweinsteiger heißen sollten.
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