Die Schwedische Akademie steckt in einer
schweren Krise. Nicht der Literaturnobelpreis an sich ist
angeschlagen, sondern auch das Gremium, das ihn verleiht. Es hat
allen Grund, sich ein einjähriges Moratorium aufzuerlegen, um seine
Angelegenheiten zu ordnen. Der Belästigungs- und Korruptionsskandal
um den Ehemann des zurückgetretenen Akademie-Mitglieds Katarina
Frostenson unterstreicht, was man längst weiß: Selbst ein so
ehrwürdiges Konsortium wie die Schwedische Akademie ist vor
Auswüchsen wie sexueller Belästigung und Korruption nicht gefeit.
Nach Monaten der #MeToo-Debatten kann die Akademie nicht einfach zur
Tagesordnung übergehen und den Preis wie jedes Jahr mit großem
Brimborium verleihen. Die Pause gibt Zeit zum Nachdenken und für
Diskussionen. Darüber, was eigentlich los ist in den Systemen, dass
selbst vielfältig gebildete Menschen auf archaische
Unterwerfungsmuster oder schlicht die schnelle Impulsbefriedigung
verfallen, denen Frauen immer wieder zum Opfer fallen. Man darf
versichert sein, dass es das immer gegeben hat. Der Unterschied ist
nur, dass jetzt endlich viele den Mut finden, es anzuprangern. Zu
klären ist, wer Übergriffe deckt und Vorwürfe verschleiert. Und
warum. Auch, warum Frauen lieber den Mund halten, als die Karriere zu
riskieren. Die zu Recht geführte Diskussion über das fragwürdige
Frauenbild mancher Zuwanderer muss um das Kehren vor der eigenen
Haustür erweitert werden. Dem Literaturnobelpreis wird die Pause
nicht schaden. Vorausgesetzt, sie wird gut genutzt.
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