Neue Westfälische (Bielefeld): EU-Gericht lehnt Markenschutz für Erfolgsfilm ab Erhabener Goethe Thomas Seim

Wenn wir Deutsche auf jemanden stolz sind, dann
ist es unser Johann Wolfgang von Goethe. Was für ein Genie! Es ist
ungehörig, wenn man versucht, sich seiner für schnödes Geschäft zu
bedienen – oder, schlimmer noch, ihn dafür zu verunglimpfen, wie es
die Produzenten von „Fack ju Göhte“ planen.

Es ist nichts schrecklicher als ein Lehrer, der nicht mehr weiß,
als die Schüler allenfalls wissen sollen.¨(Wilhelm Meisters
Wanderjahre, 1821)

So ist es! In der Filmreihe „Fack ju Göhte“ wird diese Erkenntnis
des Klassikers in seinem oft romantisch missverstandenen Werk
offenbar. Keine Frage, es ist lustig, wie ein Nichtlehrer mit
unwissenden Schülern umgeht und sie zu Lernerfolgen bringt. Aber auch
wenn wir wissen, dass der Film satirisch überhöht, was an Schulen
geschieht: So sind Lehrer nicht. Auch nicht, wenn man mit der
Anspielung auf den Filmtitel den Alt-Meister für sich in Anspruch
nimmt.

Genieße mäßig Füll und

Segen, Vernunft sei überall âEUR¨zugegen. (Gedichte, 1827)

Das möchte man der Firma Constantin zurufen, die sich die
Markenrechte am Filmtitel sichern will. Nichts gegen den
Geschäftssinn kluger Investoren. Dass sie einen Film schufen, der das
Publikum begeistert und sie gut verdienen lässt – Respekt. Aber man
erwartet Respekt vor dem Kultur- und Lebensgefühl der Menschen. So
ist es richtig, dass die EU-Richter diesem Gewinnstreben Grenzen
setzen.

Die Weltgeschichte sammelt auf unsre Kosten sehr große Schätze.
(Briefe, 1812)

Immer wieder versuchen Manager, aus Allgemeingut ohne eigene
Leistung Geld zu schlagen, indem sie Markenrechte für Allerweltsdinge
reklamieren. Die Telekom zum Beispiel hat das mal mit einer – wie die
Richter sagten: – „konturlosen Farbe“ wie Magenta versucht. Sie
musste sie aber mit eigener Leistung als „Magenta Love“ zur
Firmenmarke ausbauen, um sie schützenswert zu machen. So ist es
recht! Bei der Begründung gegen „Fack ju Göhte“ indes stutzt man
etwas. Als geschmacklose und vulgäre Beleidigung bezeichnen Europas
Richter den Filmtitel. Das – mit Verlaub – macht das große Genie eher
klein. Da wäre Goethe selbst milder geblieben:

Ich hör es gern, wenn auch âEUR¨die Jugend plappert; das Neue
klingt, das Alte klappert. (Gedichte, Zahme Xenien, 1827)

Er ist und bleibt halt unser Goethe. Unser erhabener Goethe.

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