Neue Westfälische (Bielefeld): EU-Gipfel und Russland-Politik Strategische Hurtig-Route Knut Pries, Brüssel

Sie hatten es eilig auf dem ersten EU-Gipfel
unter dem Vorsitzenden Tusk. Der strich Tag zwei und gönnte den
Exkollegen ein längeres Wochenende. Nach sieben Stunden war die
Gipfelei schon wieder vorbei. Für die ausdrücklich als „strategisch“
ausgeflaggte Debatte über das Verhältnis zu Russland blieben nicht
mehr als gut zwei Stunden beim Abendessen. Mit 28 Staatenlenkern plus
Tusk und Kommissionschef Juncker um den Tisch – da musste sich jeder
sputen. Aber strategisch heißt ja nicht langatmig, sondern
langfristig, und in diesem Sinne mag die hurtige Russland-Debatte des
Tusk–schen Schrumpf-Gipfels dennoch nützlich gewesen sein. Sie
reichte aus, sich klarzumachen, wo die EU steht im Verhältnis zu
Moskau und seinem Präsidenten Putin. Gut ein Jahr ist vergangen seit
dem gescheiterten Ost-Gipfel von Vilnius, den Putin zum Anlass nahm,
die Ukraine zum halbsouveränen Staat herabzustufen und sich vom
EU-Partner zum Herausforderer zu wandeln. Gut ein Jahr, ein Ende ist
nicht in Sicht. Es ist klug, dass die EU-Oberen darauf verzichteten,
nach einer hastigen Antwort auf die neuesten Nachrichten („Rubel
schmiert ab“) zu suchen. Was zählt, sind Beharrlichkeit und langer
Atem. Im Hinblick auf die in Kürze anstehenden Entscheidungen über
eine Verlängerung der Sanktionen ist eine Erkenntnis entscheidend,
für die man nicht einmal zwei Stunden braucht: Das wirksamste
Instrument der EU ist ihre Geschlossenheit.

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