Neue Westfälische (Bielefeld): EU verschärft Kampf gegen Plastikmüll Im Zeitalter des Kunststoffs Marina Kormbaki, Berlin

Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit – Abschnitte
der Menschheitsgeschichte wurden nach jenen Materialien benannt, aus
denen die Zeitgenossen ihre wichtigsten Güter herstellten. Folglich
leben wir in der Plastikzeit. Kunststoffe haben im Laufe der letzten
gut 60 Jahre jeden Lebensbereich durchdrungen, weltweit.
Plastikverpackungen sind dabei nur das sichtbarste Symptom dieser
Entwicklung. Synthetische Materialien sind aus Spielzeug, Autos und
Gebäuden nicht wegzudenken. Plastik ist der Stoff, aus dem die
Moderne ist. 500 Jahre braucht eine Plastiktüte, um zu zerfallen. Und
eben diese Langlebigkeit schafft Probleme. Denn von den 8,3
Milliarden Tonnen Plastik, die die Menschheit bis heute produziert
hat, landeten mehr als drei Viertel im Müll. Und nur ein kleiner Teil
davon wird wiederverwertet oder verbrannt. Die Folge: Der Planet
erstickt am ewigen Einwegplastik. Wenn der Effekt des eigenen
Engagements nicht sichtbar ist, schwindet die Motivation zum
Umweltschutz. Soll er wirksam sein, muss Umweltschutz daher
mindestens international angelegt sein. So ist es erfreulich, dass
die EU-Kommission gestern eine Strategie zur Reduzierung von
Plastikmüll vorgelegt hat. Die EU will Unternehmen Anreize zum
Wiederverwerten von Kunststoffen bieten. Subventionen für die
Entwicklung alternativer Materialien sollen die Abhängigkeit von
Plastik mindern. Das Verklappen von Plastikmüll ins Meer soll
strenger geahndet werden. Das sind gute, erste Schritte. Weitere
müssen rasch folgen. Die Sache eilt, nachdem China zu Jahresbeginn
den Import von Plastikmüll gestoppt hat. Immerhin knapp zehn Prozent
der deutschen Plastikabfälle wurden bisher nach Fernost verschifft:
Künftig bleibt Europa auf mehr Müll sitzen. Die Kommission weiß um
den Handlungsdruck. Haushaltskommissar Günther Oettinger hat eine
Steuer auf Plastik ins Gespräch gebracht. Diese könne Müll reduzieren
helfen und zum Schließen der Brexit-Etat-Lücke beitragen. Damit wäre
eine EU-weite Plastik-Steuer von doppeltem Nutzen. Dass sich der
Konsum von Plastik über Zusatzkosten mindern lässt, hat ja bereits
das Ende der Gratis-Plastiktüten im Einzelhandel gezeigt. Soll sie
jedoch nicht nur die Brüsseler Kasse füllen, sondern Plastikmüll
zurückdrängen, dürfte eine EU-Plastik-Steuer nicht einzig dem
Verbraucher aufgedrückt werden. Sie müsste schon bei den Herstellern
ansetzen und diese zu mehr Nachhaltigkeit bewegen. Damit die
Plastikzeit eine Episode der Menschheitsgeschichte bleibt.

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