Klar, der Linken ging es schon mal schlechter
als heute. Die beiden Vorsitzenden Bernd Riexinger und Katja Kipping
pflegen eine angenehme Tonlage und einen verbindlichen Stil. Und in
Hamburg haben sich beim Europa-Wahlprogramm als auch bei der
Aufstellung der Kandidatenliste eher die Reformer als die
Fundamentalisten durchgesetzt. Also alles in Butter bei den
Dunkelroten und Rot-Rot-Grün in greifbarer Nähe? Nein, absolut nicht.
Die Partei ist nach wie vor tief gespalten. Es gab harte Kämpfe mit
den Fundamentalisten. Für sie ist Europa die dunkle Macht, von der
man sich radikal abgrenzen muss. In der am stärksten beklatschten
Rede bezeichnete Sahra Wagenknecht die EU als „Fassadendemokratie“.
Andere beharrten darauf, das vereinte Europa als „militaristisch“ zu
charakterisieren. Dass die EU dem Kontinent seit Jahrzehnten Frieden
garantiert, spielt in dieser Weltsicht keine Rolle. Offenbar geht es
hier um Rüstungsexporte. Aber Russland exportiert doppelt so viel
Rüstung wie die EU. Doch mit Russland möchte die Linke unbedingt ein
neues Sicherheitsbündnis aufbauen. Nach Auflösung der NATO, versteht
sich. Das nur nebenbei. Es gibt immer noch zu viele, die die Linke
als Spielwiese missbrauchen, um die ideologischen Grabenkämpfe des
20. Jahrhunderts wiederaufleben zu lassen. Auf der Strecke bleibt
dabei nicht nur die Alltagstauglichkeit von Politik, sondern auch die
Fähigkeit zur differenzierten Analyse. Man kann und muss als Linke
die Kürzungspolitik und die Sparauflagen bei der Eurorettung scharf
kritisieren. Aber das heißt nicht, dass man die EU als Ganzes in die
Tonne treten sollte. Die Fundamentalisten mögen eine Minderheit sein,
sie werden so schnell nicht klein beigeben. Und sich schon gar nicht
auf Rot-Rot-Grün einlassen.
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