Neue Westfälische (Bielefeld): Flüchtlinge Leichtsinnige Mahnrufe FLORIAN PFITZNER, DÜSSELDORF

Wie häufig sich die Lage in den vergangenen
Monaten zugespitzt hat, lässt sich kaum noch nachvollziehen. Gewarnt
haben bisher jedenfalls viele im Politikbetrieb vor der „Last“ der
Flüchtlingsaufnahme. Künstlich aufgewühlt urteilten zudem
Kommentatoren über asylsuchende Menschen in Notunterkünften –
anscheinend ohne jemals ein Flüchtlingsheim von innen gesehen zu
haben. Rhetorisch handeln sie in allen Positionen mindestens
fahrlässig. Da ist zum Beispiel die Rede von „Bootsmigranten“ – eine
Wortschöpfung, die verschleiert, dass es um Flüchtlinge geht, die um
ihr Leben fürchten. Verharmlosend wirken angesichts der „besorgten
Bürger“ dagegen Ausdrücke wie „Islam-Kritiker“. In ähnlichen
Kontexten braucht es ebenfalls dringend Korrekturen: Wer etwa vor
einem Flüchtlingsheim steht und dumpfe Parolen brüllt, ist kein
„Asyl-Gegner“, sondern schlichtweg ein Neonazi. Sagen was ist – das
sollte sowohl Auftrag für Journalisten als auch Gebot für Politiker
sein. Abgeordnete in NRW neigten zuletzt jedoch dazu, die
Flüchtlingsfrage für taktisches Geplänkel zu nutzen. Aus der
CDU-Fraktion kam dazu ein allzu leichtsinniger Mahnruf, als es hieß:
„Wir müssen aufpassen, dass die bisher noch freundliche Stimmung
nicht kippt.“ Wer ist „wir“? Und wohin soll die Stimmung „kippen“?
Für welches mögliche Szenario äußert der Sender hier vorauseilend
Verständnis? Im selben Ton warnt Ralf Jäger nun vor einer
„Überforderung“ der Städte und Gemeinden, der Länder und
Hilfsorganisationen. Die Botschaft des Innenministers: Trotz
brisanter Lage hat NRW alles im Griff. Gleichzeitig schürt Jäger
Unbehagen, das zu Angst führen kann. Es wäre verantwortungsvoller,
die Emotionen zu drosseln.

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