Neue Westfälische (Bielefeld): Gerichtshof stärkt Hinweisgeber auf Missstände Öffentliche Hygiene WOLFGANG MULKE, BERLIN

Kein Arbeitnehmer muss sein Gewissen beim
Betreten des Betriebs an der Garderobe abgeben und fortan schweigen,
auch wenn sich sein Arbeitgeber grobe Verfehlungen zu Schulde kommen
lässt. Gut, dass es europäische Richter mit dieser Sichtweise gibt.
Deutsche Juristen schlagen sich schnell auf die Seite der Chefs, wenn
Beschäftigte Missstände öffentlich anprangern oder heimlich anzeigen.
Die Berliner Pflegerin, die gegen ihre Klinik klagte, weil dort
unhaltbare Zustände ob fehlenden Personals herrschten, hat wenig von
dem Urteil. Ihre Kündigung gilt fort, weil der Rechtsweg in
Deutschland abgeschlossen ist. Aber vielleicht bewirken die
Bemerkungen der Menschenrechtler in anderen Fällen ein Umdenken bei
den Arbeitsgerichten. Den geschäftsschädigenden Verrat von
Betriebsinterna und das verantwortungsbewusste Handeln trennt
mitunter nur ein schmaler Spalt. Doch die Trennung ist vonnöten. Wer
aus Frust oder Ärger die Firma in Verruf bringt, muss
selbstverständlich die Konsequenzen daraus tragen. Aber es geht nicht
an, dass Beschäftigte aus Angst vor einer fristlosen Kündigung ihren
Chefs alles durchgehen lassen müssen. In anderen Ländern ist dies
längst Teil der öffentlichen Hygiene. Daran kann man sich ein
Beispiel nehmen.

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