Der Plan schien gut durchdacht: Um dem
politischen Gegner nur wenig Angriffsfläche zu bieten, wollte die SPD
ihren Kanzlerkandidaten erst zu Beginn des Wahljahres 2013 küren. Bis
dahin sollte eine zumindest nach außen einig wirkende Troika die
Schlagkraft der Sozialdemokraten in der politischen
Auseinandersetzung mit der Merkel-Regierung erhöhen. Soweit die
Theorie. Fast genau ein Jahr vor dem Urnengang hat die SPD-Führung um
Parteichef Sigmar Gabriel die politische und mediale Realität
eingeholt. Es vergeht kein Tag, an dem nicht über einen der drei
potenziellen Kandidaten spekuliert wird. Da soll Gabriel seine
Ambitionen schon verworfen, Peer Steinbrück sich mit Frank-Walter
Steinmeier bereits verständigt haben. Die Dementis aus dem
Willy-Brandt-Haus folgen prompt. Längst hat die Debatte eine
Eigendynamik erzeugt, die von dem einen oder anderen Kandidaten
zusätzlich befeuert wird. Schon ist klar, dass der geplante Termin
der Kandidatenkür nicht zu halten sein wird. Schon bald wird die SPD
Farbe bekennen müssen. Das beweist auch die jüngste Kritik an
Steinbrück, den viele Polit-Experten momentan in der
aussichtsreichsten Position sehen. Ihm wird das Einwerben von
Sponsorengeldern für ein privates Schachturnier mit dem Briefkopf des
Finanzministeriums vorgeworfen. Die Troika bietet da keinen Schutz
mehr. Gabriel ist nun gefragt, zumal auch die eigenen Genossen
vermehrt auf Klarheit drängen. Ihm muss der Spagat gelingen, den
theoretischen Plan in die Realpolitik zu überführen. Die Zeit ist
reif für die Entscheidung, sollen nicht alle Kandidaten mehr oder
weniger beschädigt werden – was auch für die Funktion des Parteichefs
gilt, der das Heft des Handelns für sich reklamiert. Denn wie sagte
einst Michail Gorbatschow: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.
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