Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: 50 Jahre deutsch-französische Freundschaft Das ungleiche Paar PETER HEUSCH, PARIS

Als Charles de Gaulle und Konrad Adenauer am 22.
Januar 1963 in Paris den Vertrag über die deutsche Freundschaft und
Partnerschaft unterzeichneten, prägte sich Zeitgenossen in erster
Linie die historische Geste der Aussöhnung zweier „Erbfeinde“ ein.
Die Freundschaft stand damals zwar auf dem Papier, aber in den Herzen
verankert war sie damit noch lange nicht. Die Grundlage des Vertrags
bildete der Wille de Gaulles zur politischen Zusammenarbeit – vor
allem, um ein Gegengewicht zu den USA zu schaffen. Schon wenige
Wochen später war der sogenannte Elysée-Vertrag aus Pariser Sicht
keinen Pfifferling mehr wert. Der Bundestag hatte ihm bei der
Ratifizierung eine Präambel vorangestellt, die die Franzosen
brüskieren musste. Als Richtlinie nämlich gab sie Vertiefung der
atlantischen Zusammengehörigkeit zwischen den USA und einem föderalen
Europa aus, das auch Großbritannien einschließen sollte. Tief
enttäuscht erklärte der alte General, dass es Verträgen ergehe „wie
jungen Mädchen oder Rosen: Sie welken rasch!“   Doch es kam anders.
Der Elysee-Vertrag entpuppte sich als Fundament für eine weltweit
einmalige Beziehung zwischen zwei Staaten. Heute jagt ein
deutsch-französisches Gipfeltreffen das nächste. Und unter der
Regierungsebene haben sich eine Vielzahl von Einrichtungen wie die
Städtepartnerschaften und der Jugendaustausch etabliert. Diese enge
Verflechtung ist ebenso beispiellos wie strapazierfähig. Denn die
Partnerschaft kannte und kennt Höhen wie Tiefen. Lang ist die Reihe
der Missverständnisse und Irritationen. Unvergessen etwa Mitterrands
Störmanöver, als der Präsident noch nach dem Mauerfall  Ost-Berlin
besuchte, um aus Sorge um das europäische Gleichgewicht die
Eigenständigkeit der DDR zu betonen. Die Freundschaft zwischen beiden
Völkern ist dennoch kein leeres Wort. Sie existiert: an der Basis,
unter den Menschen. Die deutsche Bewunderung für französische
Lebensart  und die Hochachtung, welche Franzosen dem Leistungswillen
ihrer Nachbarn zollen, mündeten in echter Sympathie. Sie ist frei von
den Schwankungen, die die bilaterale Politik durchziehen.
Entscheidend ist, dass sich kein Staatsmann links oder rechts des
Rheins mehr dem Zwang entziehen kann,  der das deutsch-französische
Paar in den Dienst des europäischen Einheitsprozess stellt. Vor 40,
vor 30, ja noch vor 20 Jahren war die Aussöhnung das Ziel. Heute ist
es Europa. Fraglos jedoch fällt der 50. Geburtstag des
Elysee-Vertrags in eine Zeit, wo der deutsch-französische Motor
stottert. Freundschaftsbeteuerungen bedürfen, um glaubwürdig zu sein,
der Freundschaftsbeweise. Letztere aber fehlen derzeit, wo die
Franzosen auf den Geldbeutel der deutschen Steuerzahler schielen, mit
dem in Brüssel eben auch die eigenen Versäumnisse ausgeglichen werden
sollen, und wo die Deutschen immer dann den Kopf einziehen, wenn die
Solidarität auf militärische Unterstützung jenseits schöner Worte
oder logistischer Hilfe hinauszulaufen droht.

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