In ostwestfälischen Landarztkreisen kennt man
die Geschichte: „Herr Doktor, Sie müssen ganz schnell kommen, unser
Opa liegt ganz schlecht.“ Wenn er eingetroffen ist, wird die Frage
des Doktors, wo der Patient denn nun eigentlich sei, gelegentlich so
beantwortet: „Och, Opa ist schon wieder auf dem Land.“ Eine Anekdote
natürlich. Sie illustriert das zugrunde liegende Problem: In kaum
einem Gesundheitssystem ist die Zugangsschwelle zu ärztlichen
Leistungen so niedrig wie in Deutschland:Jeder Mensch, der sich
unwohl fühlt, kann, egal wo, zu jeder Tages- und Nachtzeit ärztliche
Hilfe in Anspruch nehmen. Er bekommt sie. Daraus pauschal zu
schließen, der Arzt würde zu schnell bemüht, wäre aber grundfalsch.
Die Angehörigen, die bei einer Herzattacke oder einem Schlaganfall
abwarten, riskieren schwere gesundheitliche Schäden, womöglich den
vermeidbaren Tod des Patienten. Sie können und sollten die Feuerwehr
anrufen. Dort sitzen erfahrene Leute, die weiterhelfen. Was aber tun,
wenn man sich ab Mittwochnachmittag bis Donnerstagmorgen oder von
Freitag 19 Uhr bis Montag 7 Uhr krank, ziemlich krank, aber nicht
gerade todkrank fühlt? Dann ist zunächst und fraglos der behandelnde
Arzt gefragt. Der will aber auch mal frei haben und kann sich
vertreten lassen. Dafür springt ein Kollege oder der ärztliche
Notdienst ein. Wer da schlechte Erfahrungen gemacht hat – von der
fehlenden Telefonnummer bis zur fehlenden Kompetenz des Arztes –
fährt zur nächsten Krankenhausambulanz. Ob er aus der Sicht des
Versorgungssystems nun dort hingehört oder nicht, ist dem Patienten
zu Recht völlig wurscht. Er braucht Hilfe. Es gibt jedenfalls viele
gute Gründe dafür, dass die kassenärztliche Vereinigung den
Reformstau beim ärztlichen Notdienst auflöst. Ab 2011 wird es besser.
Für Patienten wie für Ärzte. Hoffentlich.
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