Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Behörde für Stasi-Unterlagen will Mitarbeiter loswerden Im Angesicht der Opfer Martin Fröhlich

Die Zeit heilt alle Wunden, sagt eine
Volksweisheit. Der Mechanismus des Verdrängens, Verblassens,
Vergessens macht oft ein Weiterleben erst möglich. Das aber heißt
nicht, dass die Zeit immer erfolgreich ist, zumal immer Narben
bleiben. Unter diesen Narben leiden all jene, die 25 Jahre nach dem
Mauerfall noch ihre Stasi-Akten einsehen wollen. Wer nicht in der DDR
gelebt hat, mag sagen: Nun lasst es doch mal gut sein. Es dauert aber
manchmal Jahre, bis Betroffene den Mut finden, ein schmerzhaftes
Kapitel wieder aufzuschlagen. Dass sie in der Behörde im schlimmsten
Fall auf frühere Stasi-Mitarbeiter treffen, ist ein Skandal und war
es immer, seit die Behörde ihre Arbeit aufnahm. Der späte Versuch des
Roland Jahn, jene Mitarbeiter loszuwerden, mag rechtlich scheitern.
Doch er ist ein Pflaster auf die Wunden der Stasi-Opfer. Moralisch
liegt Jahn richtig. Ja, auch ehemalige Stasi-Schergen haben eine
zweite Chance verdient. Aber nicht im Angesicht ihrer früheren Opfer.
Sonst bluten alte Wunden noch länger.

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