Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Beschlüsse des Koalitionsgipfels Geschenke zum Umtauschen ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Bei Weihnachtsgeschenken ist es meistens so: Mit
einigen kann man etwas anfangen, andere möchte man am liebsten gleich
loswerden. Mit den Wahlkampfpräsenten der schwarz-gelben Koalition
verhält es sich ähnlich. Sollte die Aufstockung des Verkehrsetats
tatsächlich zu einem schnelleren Ausbau der A 33 führen, wäre dieser
Zuschlag für Minister Peter Ramsauer zu begrüßen. Und für die
Abschaffung der Praxisgebühr spricht schon der hohe
Verwaltungsaufwand von über 300 Millionen Euro und die mangelnde
Lenkungswirkung. Absurd bis peinlich wird es dagegen beim
Betreuungsgeld: Da legt die Koalition jeweils monatlich noch 15 Euro
drauf, wenn man statt des Betreuungsgeldes für die Bildung des Kindes
oder die Altersvorsorge spart. Da bekommen die Menschen ein Geschenk
mit dem klaren Hinweis, dass es klüger und einträglicher wäre, es
sofort umzutauschen. Man hat Bundeskanzlerin Angela Merkel schon
häufiger vorgeworfen, ihre kleinen Koalitionspartner, vor allem die
FDP, am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen. Das lässt sich jetzt
nicht mehr behaupten. Bei diesem Koalitionsgipfel haben vor allem FDP
und CSU aufgetrumpft – die CDU hingegen schaut in die Röhre. Dass die
Zuschussrente von Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU)
derartig gefleddert wurde, dass für Kleinrentner nur noch ein
monatlicher Betrag von 10 bis 15 Euro über der Grundsicherung
übrigbleibt, ist dreist. Und wenn schon gegen Minirenten fast nichts
getan wird, müsste man doch wenigstens gegen die Erwerbsarmut
vorgehen. Wo bleibt der Hinweis, dass diese Koalition einen
Mindestlohn einführen will? Gleichzeitig verspricht die Koalition
einen „strukturell ausgeglichenen Haushalt 2014“. Das bedeutet
keineswegs, dass der Bund dann ohne Neuverschuldung auskommt. Gewisse
Einmalzahlungen werden einfach herausgerechnet. Aber dass die
Etatkonsolidierung für Schwarz-Gelb an erster Stelle steht, glaubt
doch sowieso kein Mensch mehr. An erster Stelle steht, dass die CSU
ein tolles Landtagswahlergebnis einfährt und die FDP nicht dauerhaft
unter die Fünf-Prozent-Hürde fällt. Ob allerdings die Abschaffung der
Praxisgebühr als Lebensversicherung für die FDP ausreicht, darf mit
Fug und Recht bezweifelt werden.

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