Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Ärztemangel auf dem Land In guten wie in schlechten Zeiten PETER STUCKHARD

Das Wort war menschenverachtend und hässlich:
„Ärzteschwemme“. Es diente in den 80er-Jahren dazu, in der
Öffentlichkeit die Begrenzung der Niederlassung junger Ärzte
politisch abzufedern. Ab 1993 wurde mit dem Gesundheitsstrukturgesetz
die Neueröffnung von Praxen dann tatsächlich durch die
Kassenärztlichen Vereinigungen gesteuert. Der Weg in die
Selbstständigkeit war dem Nachwuchs heftig erschwert, es gab viele
arbeitslose Ärzte. Noch 1998 prophezeite der damalige Präsident der
Ärztekammer Westfalen-Lippe, Ingo Flenker, „in den nächsten 15
Jahren“ bis zu 60.000 fehlende Arbeitsplätze fürÄrzte in Krankenhaus
und Praxis. Eine grandiose Fehlprognose. Muss im Jahr 2010 aber nun
gleich befürchtet werden, dass die medizinische Versorgung auf dem
Land in Zukunft zusammenbrechen wird? Auch das dürfte sich als
Fehlprognose erweisen. Man darf nicht vergessen: Die Kassenärztliche
Vereinigung hat – in guten wie in schlechten Zeiten – nun einmal für
die Sicherstellung der Versorgung einzustehen. Sie muss sich fragen,
warum der Beruf des Landarztes – garantiert einer der schönsten
Berufe überhaupt – für den Nachwuchs offenbar so unattraktiv geworden
ist. Und dann energisch gegensteuern. Schafft sie das nicht, macht
sie sich selbst überflüssig.

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