Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Die Wirtschaft brummt wieder Sparen am falschen Ende MARTIN KRAUSE

Sparen oder nicht sparen, das ist heute die
Frage. Die Bundesregierung hat sie mit einem umfangreichen Sparpaket
beantwortet. Aber Sozialverbände und Gewerkschaften, die Berliner
Opposition und obendrein selbst US-Präsident Barack Obama sind völlig
anderer Meinung. Die wirtschaftliche Erholung läuft besser als
gedacht, mancher Unternehmer warnt vor ersten Überhitzungstendenzen.
Rohstoffe werden wieder knapper, es gibt längere Lieferzeiten. Teile
der Wirtschaft ächzen bereits unter der unerwartet kräftigen
Auftragsflut. Zwar hat die deutsche Wirtschaft das Produktionsniveau
der Vorkrisenzeit noch nicht wieder erreicht, mancher sagt auch: noch
längst nicht. Doch die Tendenz weist aufwärts. Das bedeutet: Die
Steuereinnahmen werden kräftiger sprudeln, die Sozialversicherungen
werden weniger stark in Anspruch genommen, als befürchtet wurde.
Speziell in den Kommunen sieht die Lage aber unverändert finster aus.
Dort ist von verringertem Sparzwang kaum die Rede, selbst wenn
unverhoffte Gewerbesteuereinnahmen winken. Doch alles in allem sieht
es nach einem glimpflichen Ausgang der Weltwirtschaftskrise aus.
Obama und sein Chefökonom Paul Krugman raten trotzdem zu weiteren
schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen, weil sie dem
vermeintlichen Krisenende nicht trauen. Und weil sie den Amerikanern
zudem nicht zumuten wollen, was in Deutschland als heroisch gilt: den
Gürtel enger zu schnallen. Auch wer staatliche Schuldenpolitik
ablehnt, wird zugeben, dass die Kürzungen im Sozialbereich fragwürdig
sind. Transferzahlungen fließen über den Konsum in der Regel
unmittelbar zurück in den Wirtschaftskreislauf. Gestrichene
Sozialleistungen fehlen also nicht nur den bedürftigen Empfängern,
sondern auch den Händlern. Berlin spart hier in jeder Hinsicht am
falschen Ende.

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