Das Osterfest soll eine Freudenzeit von fünfzig
Tagen einleiten, die bis Pfingsten dauert. Denn dem Neuen Testament
zufolge begehen wir an diesem Wochenende die Auferstehung Jesu
Christi, der der Bibel zufolge als Sohn Gottes den Tod überwunden
hat. Doch von christlich motivierter Feierstimmung ist mancherorts
nicht viel zu spüren. In Politik und Gesellschaft regt sich
Widerstand gegen das Beibehalten christlicher Bräuche. So nimmt Sven
Lehmann, Grünenchef in NRW, die gesetzliche Ruhe am Karfreitag ins
Visier. Christen dürften den anderen nicht vorschreiben, wie sie
diesen Tag zu verbringen hätten, sagt er. Sigrid Beer, im Februar
erst ins Leitungsgremium der Evangelischen Kirche von Westfalen
gewählte Grünen-Politikerin aus Paderborn, sagt hingegen, man brauche
den Karfreitag als stillen Feiertag, an dem man auf sich selbst
zurückgeworfen werde. Lehmann will zwar das Feiertagsgesetz in NRW
nicht ändern, aber eine Diskussion anstoßen. Die deutsche
Gesellschaft sei nicht nur christlich geprägt, argumentiert er. Ein
Verbot von Unterhaltungsveranstaltungen am Karfreitag passe nicht
mehr in die Zeit. Doch auch Lehmann sollte Respekt vor jenen rund 50
Millionen Menschen in Deutschland haben, die sich nach wie vor als
Gläubige zu einer der beiden großen christlichen Kirchen bekennen.
Für sie ist der Karfreitag, jener Tag, an dem des Kreuzestodes Jesu
Christi gedacht wird, einer der höchsten kirchlichen Feiertage im
Jahr – und eben auch ein stiller Feiertag. Niemand vergibt sich in
einem Land mit christlich-abendländischer Geschichte etwas, dies zu
respektieren. Davon sind die Rechte religiöser Minderheiten oder
atheistischer Gesellschaftsschichten selbstverständlich unberührt.
Denn privat kann jeder tun und lassen, was er will. Aber es schadet
nichts zu wissen, aus welchen kulturellen und religiösen
Hintergründen sich bestimmte Sitten, Gebräuche und eben Feiertage
entwickelt haben. Eine hitzige Debatte erleben wir auch in
Mecklenburg-Vorpommern. Dort gelten in 96 Urlaubsorten neue
Geschäftszeiten an Sonntagen. Um die Zeit des Kirchgangs zu
berücksichtigen, dürfen dort die Geschäfte nur noch von 13 bis 18
statt wie vorher von 11 bis 18 Uhr öffnen. Der Einzelhandel sieht
einen Umsatzverlust von 200 Millionen Euro pro Jahr. Doch auch
nichtkirchliche Feiertage sehen sich infrage gestellt. So brachte der
für den 1. Mai angesetzte „Brackweder Frühling“, der dem Bielefelder
Stadtteil einen verkaufsoffenen Sonntag beschert, NRW-Arbeitsminister
Guntram Schneider auf die Palme. „Das wäre der erste verkaufsoffene
Tag der Arbeit in NRW“, polterte er und verwies auf den
Verfassungsrang, den dieser Feiertag der Arbeiterbewegung im größten
Bundesland genießt. So könnte das Osterfest anno 2011 ein Signal
sein, die Gedankenlosigkeit zu beenden, mit der manch einer glaubt,
kulturelle und religiöse Traditionen mit einem Federstrich vom Tisch
wischen zu müssen. Reden indes kann man über alles – mit der nötigen
Toleranz.
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