Der Redeauftritt von FDP-Parteichef Guido
Westerwelle beim Stuttgarter Dreikönigstreffen hat nicht für den
ersehnten Befreiungsschlag gesorgt. Nicht für die Partei und auch
nicht für den Vorsitzenden selbst. Die alten Probleme bleiben
bestehen. Sicher, die Erwartungen an diesen Auftritt waren völlig
unrealistisch. Auch ist die Dauerkritik nicht spurlos an Westerwelle
vorbei gegangen. Da wurde er schließlich mit Erich Honecker
verglichen und als „Klotz am Bein“ bezeichnet. Dabei ist Westerwelle
an der Misere der FDP nicht alleine schuld. Aber seine Unfähigkeit
zur Selbstkritik ist trotzdem ärgerlich. Er sieht sich lieber als
verfolgte Unschuld. Alle sind gegen ihn, die Umfrageinstitute, die
Journalisten und vermutlich auch viele Parteifreunde. Diese
Opferrolle ist absolut unangemessen. Westerwelle macht keineswegs
alles falsch. Ganz im Gegenteil. Er hat bisher zum Beispiel ein
Abdriften der FDP in den Rechtspopulismus verhindert. Das ist eine
Leistung. Sein grundsätzliches Problem liegt woanders. Guido
Westerwelle ist von seiner Natur her ein Oppositionspolitiker. Wenn
er attackieren kann, wirkt er authentisch. Die Rolle des
staatstragenden Außenministers fällt ihm dagegen schwer. In dem
Regierungs-Korsett wirkt er bis heute deplatziert. Außerdem muss es
Westerwelle jetzt ertragen, dass es in der FDP einen Politiker gibt,
der beides auf hohem Niveau vereinen kann: Generalsekretär Christian
Lindner ist sowohl in der Abteilung Attacke glänzend als auch im
staatstragenden Fach. Außerdem ist Lindner ein analytischer Kopf. Und
die FDP braucht dringend eine intellektuelle Frischzellenkur. Wenn
Guido Westerwelle klug ist, moderiert er selbst den Übergang zum
Nachfolger Lindner. Dass er den Generalsekretär öffentlich lobt,
zeugt von Größe. Jetzt muss Westerwelle nur noch lernen loszulassen.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de