Der Generationenwechsel kommt. Nicht in allen
Parteien, aber die Zahl junger Politiker, die mit völlig anderem Stil
von hinten nachdrängen, wächst. Die FDP mit Generalsekretär Christian
Lindner und Gesundheitsminister Philipp Rösler ist da nur ein
Beispiel. Die deutsche Politik kommt seit ein paar Wochen mächtig
durcheinander. Vieles ist nicht mehr so, wie es über Jahre festgefügt
war: Statt Schwarz-Weiß-Einteilung – hier CDU und ein bisschen FDP,
dort SPD mit etwas Grün – bestimmt nun Bunt das Bild. Neu daran ist,
dass die kommunizierenden Röhren zwischen CDU und FDP einerseits
sowie SPD und Grünen auf der anderen Seite nicht mehr so
funktionieren wie gewohnt. Die vergangenen knapp 20 Jahre waren in
der politischen Gewichtsverteilung davon bestimmt, dass die CDU
verlor, sobald die Liberalen gewannen, und umgekehrt. Das gleiche
Phänomen prägte das Verhältnis zwischen SPD und Grünen. Die Lager
standen sich in relativer Langeweile gegenüber. Vorbei. Die Übersicht
erschwert zusätzlich, dass die Farben schnell wechseln, manchmal von
einem Tag zum anderen. Das zeigen die Ergebnisse der jüngsten
Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Und der
rapide Niedergang der FDP samt ihres Vorsitzenden Guido Westerwelle,
der vom liberalen Erfolgsgaranten zum Buhmann wurde. Nicht zuletzt
weil er selbstherrlich agierte und, statt zuzuhören, redete. Dabei
dürfen die derzeit auf eine Euphoriewelle schwimmenden Grünen sich
nicht in Sicherheit wiegen. Ein Grund für die schnelle
Wechselbereitschaft mag eine veränderte Lebenseinstellung junger
Menschen sein, die sich auf die ältere Generation überträgt. Jugend
ist dem Menschen immer Traum und erstrebenswert. Inzwischen ist die
Jugend sogar zum Vorbild für Erwachsene geworden, was sich schon in
der Mode zeigt: Der ergraute 55-Jährige kleidet sich wie sein eigener
Sohn, dem das nur noch peinlich ist. Wesentlich bedeutsamer ist
jedoch , dass die politisch-gesellschaftlichen Einstellungen der
Jugendlichen auf die ältere Generation durchzuschlagen scheinen. Seit
Jahren weist die Shell-Jugendstudie nach, dass Jugendliche sich gern
in hohem Maße engagieren. Aber nicht mehr wie früher festgelegt in
Parteien oder Organisationen, sondern in zeitlich befristeten
Projekten, die ihnen sinnvoll erscheinen. Hauptsache, nicht dauerhaft
gebunden. Deshalb das plötzliche Engagement gegen den Bahnhof
Stuttgart 21? Erfolg ist keine Frage von Lebensalter, wie das
Beispiel Winfried Kretschmann zeigt. Er hat jugendliche
Erwartungshaltung bedient. Er hatte ein Projekt und hat erklärt. Der
grüne Spitzenkandidat und künftige Ministerpräsident in Stuttgart hat
nicht von oben bestimmt, sondern kommuniziert, die Chance zur
Mitentscheidung eingeräumt. Das ist moderne, jugendliche Politik, die
auch bei den älteren Menschen ankommt. Weil Guido Westerwelle, einst
Teenie-Idol, das nicht rechtzeitig verstanden hat, sind seine Tage
gezählt.
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