Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Tote in Tunesien Pulverfass Nordafrika RALPH SCHULZE, MADRID

Die Lunte auf der anderen Seite des Mittelmeers,
vor der südlichen Haustür Europas, glimmt schon ziemlich lange. Und
es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis das Pulverfass in Nordafrika
explodiert. Auch Diktatoren wie Tunesiens Staatschef Ben Ali können
irgendwann nicht mehr die jahrelang angestaute Frustration des Volkes
unter Kontrolle halten. Da gibt es zwischen den drei Nachbarn
Tunesien, Algerien und Marokko wenig Unterschiede und viel
Gefahrenpotenzial: Herrscher, die wie Despoten regieren, eine sehr
große junge, gut ausgebildete, aber verarmte Bevölkerungsschicht, die
den Glauben an die Zukunft verloren hat – mehr als zwei Drittel der
Nordafrikaner sind unter 30 -, und eine wachsende Flucht in den
islamistischen Fundamentalismus, der mit Gewalt im Zaum gehalten
wird. Hinzu gesellt sich der unschöne Eindruck, dass Europa über
Untaten hinwegsieht und die nordafrikanischen Regime als
unentbehrliche Rohstofflieferanten verhätschelt. Die soziale Revolte
in Tunesien ruft plötzlich in Erinnerung, dass die teuer erkaufte
Ruhe und Stabilität im tunesischen Urlaubsparadies trügerisch war.

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