Brutal zusammengeschlagene Oppositionspolitiker
und festgenommene Demonstranten; die nächtlichen Jagdszenen in Minsk
haben die leise gehegte Hoffnung in Europa zunichte gemacht,
Weißrussland könnte im 17. Jahr der autokratischen Herrschaft von
Alexander Lukaschenko einen Schritt zur Liberalisierung wagen.
Europas letzter Diktator macht weiter wie gehabt. Auch das Ergebnis
dieser Wahl war gezinkt, wie die Beobachter der OSZE gestern
konstatierten. Lukaschenko pfeift auf Bürgerrechte wie Meinungs- und
Versammlungsfreiheit, verhöhnt sie als westliche Werte. Seine
prügelnde Miliz habe das Land vor „Barbarei und Verfall“ bewahrt.
Zersplitterter denn je war die ohnehin schwache Opposition in diese
Wahl gegangen. Neun Kandidaten standen Lukaschenko gegenüber. Das
erleichterte ihm die Festsetzung des offiziellen Ergebnisses: statt
82,6 Prozent der Stimmen wie vor vier Jahren erhielt er diesmal
lediglich 79,67 Prozent. Den wahren Ausgang werden wir nie erfahren.
Fortschritte bei der Demokratisierung des
Zehn-Millionen-Einwohner-Landes glaubte die Europäische Union vor der
Wahl zu erkennen. Die EU stellte dem Land 3,5 Milliarden Euro
Finanzhilfen in Aussicht. Dabei dachten Europas Politiker allerdings
weniger an die Stärkung der Demokratie in Weißrussland, denn an die
Vertiefung der Kluft zwischen Minsk und Moskau. Die allerdings hat
ihre Ursache nicht in einer Annäherung Lukaschenkos an die EU, denn
in einer Selbstüberschätzung des Diktator. Lukaschenko glaubt, er
könnte Moskau und Brüssel zum eigenen Nutzen gegeneinander
ausspielen. Wenn er die Russen reizt, würde ihm Europa zur Seite
springen müssen. In Wahrheit rührt sich in Europa keine Hand für das
Land, so lange Lukaschenko regiert.
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