Das Weihnachtsgeschäft ist für Industrie und
Handel super gelaufen. Die Menschen haben in der zurückliegenden
Adventszeit die in winterliches Weiß gehüllten Innenstädte gestürmt,
für sich und die Lieben gekauft, wonach ihnen der Sinn stand – oder
was der Geldbeutel zuließ. Vor Jahresfrist barmten alle angesichts
einer schweren Wirtschaftskrise, fürchteten um den Arbeitsplatz,
sorgten sich nach dem gescheiterten Klimagipfel von Kopenhagen um die
Umwelt und blickten rundum sorgenvoll ins neue Jahr. Die Krisen sind
dann aus vielen Gründen vorerst nicht so schlimm geworden wie
befürchtet. Wie befreit leben die Konsumenten auf. Daraus können die
Deutschen lernen und begründete Zuversicht schöpfen. Wer bereit ist
zu Verzicht im richtigen Augenblick und zu Leistung, wer zusammenhält
und anpackt und dazu noch ein wenig Glück hat, kann sich aus
schwieriger Lage befreien, der hat es verdient, es sich gut gehen zu
lassen. Das ist nur die eine Seite. Mit der allein sollte sich
niemand zufrieden geben: Neue internationale Langzeituntersuchungen
belegen, dass Wohlstand nicht automatisch zu mehr Lebenszufriedenheit
bei den Menschen führt. Mehr Geld und Luxusgüter heben nur
kurzfristig die Zufriedenheit, vorausgesetzt, die Grundbedürfnisse
werden gestillt. Lebenszufriedenheit wächst nirgendwo auf der Erde
mit der Wirtschaft. Soziologen führen das darauf zurück, dass Besitz
und Geld kein absoluter Wert sind, sondern immer nur im Vergleich mit
dem Haben anderer zu Zufriedenheit oder eben Unzufriedenheit führen.
Und es finden sich immer Menschen, die mehr besitzen. Außerdem
wachsen nachweislich und mühelos die materiellen Wünsche mit dem
Einkommen. Ein Rennen, dass der Mensch nicht gewinnen und das zu
Unzufriedenheit führen kann. Kann, nicht muss. Diese Erkenntnis legt
auf der anderen Seite den Schluss nahe, dass Gesellschaften mit
sozialer Ausgewogenheit eine höhere Lebensqualität für alle bieten
als die mit großem Wohlstandsgefälle. An dieser Stelle ist
Deutschland in der Gefahr, das Maß und damit die leistungsfähige
Mitte zu verlieren. Denn nach oben und unten koppeln sich im
gesellschaftlichen Spektrum ganze Gruppen ab. Die Reichen fühlen sich
zunehmend weniger verantwortlich für „die da unten“, ohne dabei
zufriedener zu werden, wie sich in der Bankenkrise zeigt. Die Armen,
die in den vergangenen Wochen nicht die Fußgängerzonen bevölkerten,
erklären „die da oben“ für ihr Schicksal zuständig und kümmern sich
zunehmend weniger um sich und ihre Zukunft. Auch darum kreisten die
Debatten in den vergangenen Monaten. Dabei geht der Zusammenhalt
verloren. Der jedoch half nachhaltig mit, die jüngste Krise zu
überwinden. Das ist zu bedenken bei der Debatte um zunehmenden
Individualismus und Gruppenegoismus. Die ist keine weiche Frage, die
nur im Sozialen bleibt. Wie eine Gesellschaft im Innersten
aufgestellt ist und zusammenhält, ist auch eine Frage des
wirtschaftlichen Überlebens.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de