Die Vorgänge um den Privatkredit für den
Bundespräsidenten sind geeignet, Amtsinhaber und Amt nachhaltig zu
beschädigen. Vermutlich ist das längst geschehen. Wulff hat sicher
Verdienste, die ihm auch politische Gegner bescheinigen würden. Seine
Hinweise zur Integration und zur Finanzkrise gehören dazu. Aber die
Gedanken an ein „Weiter so“ geraten schnell ins Stolpern, wenn man
sich vorstellt, dass Christian Wulff als Staatsoberhaupt mit der Last
seiner Kreditaffäre in fünf Tagen eine Weihnachtsansprache hält. Er
wird wohl dennoch durchhalten, durchhalten müssen. Dafür gibt es
politische und private Gründe. Die privaten: Wulff ist 52 Jahre alt.
Er ist ein Politiker mit viel Erfahrung, der sich selbst und seine
Mission noch nicht am Ende sieht. Als Bundespräsident im Ruhestand
wäre er beschäftigungslos. Es gehört zu den Usancen des Amtes, dass
der Präsident nach dem Ende seiner Amtszeit nicht mehr aktiv sein
kann. Das ist – mit Verlaub – schwer vorstellbar. Die Politik: Angela
Merkel soll intern erklärt haben, der Rücktritt von Wulffs Vorgänger
Horst Köhler sei der schwierigste Augenblick ihrer Amtszeit gewesen.
Nicht etwa die Finanz- oder Eurokrise. Kaum vorstellbar, dass die
Kanzlerin sich erneut in eine solche Lage bringen will. Und das
müsste sie ja wohl, denn sie ist die Einzige, die Wulff durch
Vertrauensentzug zum Rückzug bewegen könnte. Aus all diesen Gründen
heißt Wulffs Option nicht Rücktritt. Und deshalb ist das auch Merkels
Dilemma.
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