Man weiß noch nicht genau, wer drei Wochen vor
der Wahl in Griechenland die Gedanken der Bundeskanzlerin und ihres
Finanzministers über einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone
öffentlich gemacht hat. Wüsste man es, müsste man ihn aus Kanzleramt
oder Ministerium entfernen, weil er gegen seinen Amtseid verstoßen
hat, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Dieser Schaden ist nun
angerichtet. Die Debatte um die Euro-Krise ist neu entbrannt und
schwächt den Euro-Kurs. Zugleich werden die ohnehin im Aufwind
befindlichen EU-Kritiker in Griechenland gestärkt. Das führt zu der
paradoxen Situation, dass jetzt ganz unabhängig vom Ausgang der
Wahlen die deutschen Investitionen und Finanzhilfen in Gefahr
geraten. Ganz gleich, ob man einen Schuldenschnitt anstrebt wie die
in Umfragen führenden griechischen Linken oder ob man über
Rückzahlungsfristen oder einen Austritt Griechenlands aus der
Euro-Zone nachdenken sollte – beides führt zu realen Finanzverlusten
deutscher Unternehmen und deutscher Steuerzahler. Politisch sind
sowohl die Indiskretion aus Kanzleramt oder Finanzministerium als
auch die Überlegungen selbst ein Offenbarungseid der Euro(pa)-Politik
dieser Bundesregierung. Die Erben Helmut Kohls sind dabei, eine
historische Hinterlassenschaft ihres Ex-Kanzlers zu vernichten: die
europäische Einigung als Garantin für Freiheit, Frieden und Wohlstand
auf dem einst durch zwei Weltkriege geschundenen alten Kontinent des
Misstrauens. Dazu lenkt der Vorstoß das parteipolitische Wasser auf
die Mühlen der Europakritiker in allen EU-Ländern, die gerade erst
gestärkt aus den EU-Wahlen hervorgegangen sind. So wird die Union der
rechtspopulistischen AfD kaum wirkungsvoll beikommen. Es ist weit
gekommen in einer Regierung, wenn erst mal die unpolitischen
Finanz-Technokraten das Sagen und Handeln übernommen haben und
politische Führung fehlt, die der europäischen Idee Kraft geben kann.
Was dann bleibt, ist einfach nur noch abenteuerliche Politik.
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