Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Die Linke wirbt um SPD und Grüne Blinde Flecken ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Manchmal macht schon der Ton die Musik. „SPD und
Grüne darf man nicht allein regieren lassen. Es kommt nur Mist dabei
heraus“ – mit diesen Worten warb der Exchef der Linken Oskar
Lafontaine am Wochenende für ein rot-dunkelrot-grünes Bündnis. Wer
hätte angesichts solch einer rotzigen Ansprache noch Lust, mit
Interesse zu reagieren? Gut, Lafontaine ist nicht mehr Chef der
Linken, und gerade die neue Vorsitzende Katja Kipping bedient sich
einer wohltuend zivilen Sprache. Aber Fakt bleibt, dass stärker noch
als in anderen Parteien in der Linken die Widersprüche zu Hause sind.
Sahra Wagenknecht zum Beispiel inszeniert sich neuerdings gerne als
Erbin von Ludwig Erhard. Aber Sahra Wagenknecht hat die Mauer einst
als „notwendiges Übel“ bezeichnet, und am Sonntag hat sie sich zwar
vor den Gräbern von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verneigt, aber
nicht vor dem Denkmal für die Opfer des Stalinismus. Die Linke hat
immer noch etliche blinde Flecken, die Rot-Rot-Grün im Bund unmöglich
machen: keine klare Haltung zur DDR-Vergangenheit; eine
Europapolitik, die sich auf Verweigerung beschränkt; eine
Außenpolitik, die tendenziell immer noch lieber auf Autokraten wie
Assad in Syrien oder Ahmadinedschad im Iran setzt als auf NATO und
UN. Sicher gibt es zwischen SPD, Grünen und der Linken auch
Gemeinsamkeiten. Eine Zusammenarbeit würde bestimmt nicht am
Mindestlohn oder an der Mindestrente scheitern. SPD und Linke haben
lange zusammen in Berlin regiert und regieren gemeinsam in
Brandenburg, wo es allerdings wegen der verheimlichten
Stasi-Vergangenheit einiger Abgeordneter fast zum Bruch gekommen
wäre. Eine Koalition im Bund ist derzeit aber gar nicht vorstellbar.
Das ginge schon allein mit Peer Steinbrück nicht – und das ist auch
gut so.

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