Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Ende der Missbrauchsuntersuchung Es gibt viel zu klären BERNHARD HÄNEL

Es war schon erstaunlich, dass sich die
katholischen Bischöfe entschlossen hatten, die Aufarbeitung der
Missbrauchsfälle in ihrer Kirche in die Hände des Kriminologen
Christian Pfeiffer zu legen. Der Institutschef ist nicht nur
renommiert, sondern auch bekannt für sein Selbstbewusstsein. Angst
vor Mächtigen ist ihm fremd – auch vor Eminenzen und Exzellenzen.
Pfeiffer ist nur an den Dingen interessiert, die es zu klären gilt.
Diplomatie und Etikette wären dabei nur im Wege. Obwohl sich
Auftraggeber und -nehmer vertraglich auf umfängliche Regeln
verständigt hatten, die nahezu jede Feinheit des
Untersuchungstatbestands wie der Abwicklung enthielten, kam es zum
Bruch. Bischöfe sollen sich über verbale Entgleisungen beschwert
haben, Pfeiffers Mitarbeiter über für Wissenschaftler unerträgliche
Fesseln, die ihnen bei den Untersuchungen angelegt worden seien.
Unter derartigen Umständen kann jedes Projekt nur scheitern. Dennoch
stellt sich die Frage, ob die katholischen Bischöfe klug beraten
waren, es so weit kommen zu lassen. DerImageschaden dürfte jedenfalls
ähnlich groß sein wie beim Bekanntwerden der bislang ungezählten
Missbrauchsfälle von Priestern und Diakonen. Denn Pfeiffer ist nicht
irgendwer; Pfeiffer ist, der Vergleich sei erlaubt, der Papst der
Kriminologie. Wer ihm den Stuhl vor die Tür setzt, muss mit dem
Vorwurf rechnen, dass die katholischen Bischöfe wohl immer noch nicht
zu einer unabhängigen Aufarbeitung und Ursachenforschung
sexualisierter Gewalt bereit sind. Das Misstrauensverhältnis zwischen
Laien und Kirchenfürsten wird deutlich in einer Presseerklärung der
Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“. Die fordert alle 27 Bischöfe
auf, eidesstattlich zu erklären, dass in ihrem Bistum keine
untersuchungsrelevanten Akten gelöscht worden sind. Es gibt offenbar
viel zu klären bei den Katholiken.

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