Der Generationswechsel in der FDP gerät zu einer
zähen Angelegenheit. Offenbar gibt es schönere Jobs als FDP-Chef zu 
werden. Auch der Favorit Philipp Rösler zögert bis zum letzten 
Augenblick. Das liegt nicht nur an der zurückhaltenden Art des 
Hannoveraners mit vietnamesischen Wurzeln. Und es liegt auch nicht 
nur daran, dass Rainer Brüderle an seinem Wirtschaftsministerposten 
festhalten will und Rösler wohl seine erste schwere Niederlage 
beibringen wird. Der Liberalismus selbst steckt in einer tiefen 
Krise. Wozu gibt es noch die FDP, ist eine Frage, die sich viele 
Wähler stellen. Auf Anhieb fällt keine überzeugende Antwort ein. 
Nicht nur das Wahlversprechen „Mehr Netto vom Brutto“ ist krachend 
gescheitert. Die Westerwelle-FDP stand für eine Politik, die vor 
allem das Portemonnaie der Mittelschicht im Auge hat. Doch eine rein 
ich-orientierte Haltung gepaart mit einer Ellbogen-Mentalität kommen 
aus der Mode. Globale Ereignisse wie die Finanzkrise und die 
Atomkatastrophe von Fukushima führen zu einer geistigen 
Verunsicherung. Gerade bei den Deutschen, in deren Mentalität die 
Sicherheit oberste Priorität genießt, geht es jetzt mehr um 
Werteorientierung und um die Ansprüche des Wir gegenüber dem Staat. 
Der Aufstieg der Grünen ist dafür symptomatisch. Dass Christian 
Lindner sofort acht Atomkraftwerke abschalten wollte, erscheint da 
als eher hilfloser Versuch, der FDP im Turbotempo ein neues 
Mäntelchen umzuhängen. Das ging daneben. Eine inhaltliche Erneuerung 
wird offenbar nicht im Hauruck-Verfahren klappen. Das beste, was der 
FDP jetzt passieren kann ist ein Chef, der eine breite inhaltliche 
Debatte organisiert und befeuert. Schnelle Erfolge wird es so zwar 
auch nicht geben. Aber vielleicht können die Wähler eines Tages 
wieder beantworten, wozu man die FDP eigentlich braucht.
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